In der Schweiz steht in den kommenden Wochen eine entscheidende Weichenstellung auf dem Gebiet der Gentechnik an: In der Herbstsession im September wird der Nationalrat voraussichtlich über das Gentechnikgesetz (Gen-Lex) entscheiden. Die Hauptpunkte des Gesetzes sind: Strenges Bewilligungsverfahren für Freisetzungen, Deklarationspflicht, Pflicht zur Warenfluss-Trennung, 30-jährige produktbezogene Haftpflicht für die Gentech-Industrie, Moratorium auf gentechnisch veränderte Nutztiere, mehrjähriges Moratorium auf das Inverkehrbringen von Gentech-Pflanzen.
Zürich. Agrochemie gegen
Moratorium
Die Agrochemie-Industrie, assistiert von FDP und von
industrienahen Forschern versucht, diesen Gesetzesentwurf und
insbesondere das Moratorium zu Fall zu bringen. Sie setzen
namentlich CVP- und SVP-Nationalräte und die Bauernschaft heftig
unter Druck. Besonders ins Zeug legt sich FDP- und
Wirtschafts-Bundesrat Pascal Couchepin, der die Bauern unverhohlen
mit einem unfairen «Kuhhandel» von ihrer Gentechfrei-Position
abbringen will: Wenn wir für euch den Milchpreis hochhalten sollen,
müsst ihr im Gegenzug auf eure Moratoriumsforderung verzichten!
Kein Nebeneinander von Gentech- und
Ökolandwirtschaft
Fünf Jahre Gentech-Anbau in Nordamerika zeigen, dass ein
Nebeneinander von Gentech- und ökologischer Landwirtschaft schlicht
nicht möglich ist. Pollen wird nicht nur von Wind und Insekten
verbreitet, sondern auch in Pelz und Gefieder von Wildtieren, durch
abfliessendes Regenwasser oder durch Fahrzeuge und Menschen. Die
vollmundigen Versprechen der Industrie von höheren Erträgen und
weniger Chemieeinsatz haben sich in den USA und in Kanada
inzwischen als ökologischer und ökonomischer Albtraum entpuppt. Die
Farmer haben ihre besten Absatzmärkte in Europa und Asien verloren,
der Biolandbau musste sich bereits völlig vom Raps-Anbau
verabschieden, weil kein sauberes Saatgut mehr erhältlich ist. Aus
Gentech-Nutzpflanzen sind mehrfachresistente Superunkräuter
geworden, die flächendeckend Kanada und den Norden der USA
überziehen. Mit immer noch mehr und noch stärkeren Chemikalien wird
vergeblich versucht, die herbizidresistenten Pflanzen unter
Kontrolle zu bringen, eine infernalische Spirale ist in Gang
gesetzt worden.
Todesstoss für nachhaltige
Landwirtschft
Falls Gentech-Raps oder Gentech-Zuckerrüben in der Schweiz
angebaut würden wäre das ökologische Desaster sogar noch grösser,
da Mitteleuropa das Ursprungsgebiet dieser domestizierten Pflanzen
ist und nicht nur konventionell oder biologisch angebaute
Nutzpflanzen verseucht würden, sondern auch ihre verwandten
Wildpflanzen, die hier heimisch sind. Der umweltgerechten, auf
Qualität und nicht Quantität setzende Landwirtschaft, die
erfreulicherweise in der Schweiz auf dem Vormarsch ist und im neuen
Landwirtschaftsgesetz sogar als einziges Zukunftsszenarium
festgeschrieben ist, würde der Anbau von Gentech-Pflanzen den
Todesstoss versetzen. Den Schweizer Bauern würde die Chance
genommen, europaweit naturnahe und garantiert ohne Gentechnik
hergestellte Lebensmittel anzubieten.
Studien aus Österreich, Deutschland und der EU
zeigen klar, dass es langfristig keine «Koexistenz» von Gentech-
und ökologischer Landwirtschaft gibt. Bereits in wenigen Jahren
wären alle Felder kontaminiert und kein sauberes Saatgut mehr
erhältlich. Niemand will ein solches Szenario. Geschädigt wären so
gut wie alle, die Umwelt, die Bauern, die Verarbeiter, die
KonsumentInnen. Allfällige Nutzniesser wären eine Handvoll
Verwaltungsräte von Syngenta sowie deren Handlanger.
Nur ein Verbot oder ein gesetzliches Moratorium
auf denAnbau von Gentech-Pflanzen sichert den Schweizer Bauern den
inländischen und ausländischen Markt und verhindert unnötige
Risiken für Mensch und Umwelt.
Autor/Autorin: Bruno
Heinzer