Zürich, 18. März 2011. Greenpeace bittet das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, dem Bundesrat die vorläufige Ausserbetriebnahme des AKW Mühleberg zu empfehlen. Der folgende Brief ging soeben per mail an den ENSI-Direktor Hans Wanner.
Sehr geehrter Herr Wanner
Wir bitten Sie mit diesem Schreiben um eine dringliche vorsorgliche Massnahme beim AKW Mühleberg.
Angesichts des dramatischen Verlaufs der atomaren Katastrophe in Japan bittet Greenpeace das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) dem Gesamtbundesrat und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation die sofortige, vorläufige Ausserbetriebnahme des Atomkraftwerks Mühleberg zu empfehlen. Das ist eine aussergewöhnliche, vorsorgliche Massnahme in einer aussergewöhnlichen Situation.
Der Reaktor des AKW Mühlebergs ist typengleich mit den 4 Reaktoren in Fukushima. Selbst wenn in den letzten Jahren Nachrüstungen am veralteten Atomkraftwerktyp erfolgten, vermag dies die Befürchtung nicht zu zerstreuen, dass wichtige Komponenten die Auslegungskriterien nicht erfüllen, wie die Vorkommnisse in Japan zeigen.
Der Bundesrat verfügt über die rechtliche Basis die Ausserbetriebnahme anzuordnen. Die Kernenergieverordnung erlaubt eine Intervention. Artikel 44 der Kernenergieverordnung beschreibt die Kriterien wie folgt:
„Ereignisse oder Befunde zeigen, dass die Kernkühlung bei Störfällen nicht mehr gewährleistet ist, Ereignisse oder Befunde zeigen, dass die Integrität des Primärkreislaufes nicht mehr gewährleistet ist, Ereignisse oder Befunde zeigen, dass die Integrität des Containments nicht mehr gewährleistet ist.“
Diese möglichen „Ereignisse“ sind in den Unglücksreaktoren in Fukushima Realität geworden.
Die „Verordnung über die Methodik und die Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien für die vorläufige Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken“ nimmt denn auch Bezug auf Vorkommnisse im Ausland, wonach die sicherheitstechnische Überprüfung bei Vorfällen der internationalen Störfall-Bewertungsskala INES ab Stufe 2 zwingend sind. „Fukushima“ ist offiziell vorläufig auf die drittoberste Stufe 5 aufgestuft worden, niemand zweifelt eigentlich, dass es sich um eine Katastrophe der höchsten Kategorie handelt.
Die Ausserbetriebnahme des AKW Mühleberg stellt keine aussergewöhnliche Situation punkto Stromversorgung in der Schweiz dar – der Meiler müsste vermutlich sowieso in wenigen Wochen für Revisionsarbeiten vom Netz. Dass die Betreiberfirma BKW nicht freiwillig diesen Schritt zu machen gewillt ist, zeugt weder von einem Willen der Neubeurteilung, noch von nötigem Feingefühl.
Wir bitten sie eindringlich um diesen Schritt und verbleiben mit freundlichem Gruss