Im Frühling dieses Jahres lehnte das Bundesgericht die Beschwerde der KlimaSeniorinnen und von vier einzelnen, besonders verletzlichen älteren Frauen ab. Sie rügten die Unterlassungen des Bundes im Klimaschutz und forderten zum Schutz ihres Rechts auf Leben und Gesundheit verstärkte Klimaziele und wirkungsvollere Massnahmen. Nun ziehen sie den Fall an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Schweizer Klimaklage ist am Gerichtshof eine der ersten ihrer Art und könnte zu einem Präzedenzfall für ganz Europa werden. Um ihr Anliegen zu unterstreichen, werden Mitglieder der KlimaSeniorinnen persönlich mit dem Greenpeace-Segelschiff Beluga nach Strassburg reisen. 

Medienmitteilung von den KlimaSeniorinnen Schweiz und Greenpeace Schweiz

Die KlimaSeniorinnen kämpfen seit 2016 für Klimagerechtigkeit. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK war nicht bereit, sich mit dem Begehren inhaltlich zu befassen. Das Bundesgericht bestätigte im Ergebnis diesen Entscheid. Es stellte zudem nebenbei fest, dass die Menschenrechte der Seniorinnen durch die derzeitige Klimapolitik der Schweiz nicht verletzt seien. Der Entscheid für den Weiterzug der Klimaklage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fiel im Verein der KlimaSeniorinnen deshalb mit grosser Mehrheit.

«Im Gegensatz zu den Schweizer Gerichten ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf Menschenrechtsfragen spezialisiert. Wir hoffen, dass sich dieses Gericht nun tatsächlich mit der Pflicht der Schweiz auseinandersetzt, unser Leben und unsere Gesundheit vor den negativen Folgen der Klimaerwärmung zu schützen. Unser Ziel ist es, dass der Staat seine Schutzpflichten uns gegenüber wahrnimmt und den Klimaschutz verstärkt», sagt Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen.

«Wir beobachten beim Gerichtshof ein wachsendes Bewusstsein für den Zusammenhang von Klimaschutz und Menschenrechten und erhoffen uns deshalb, dass der Mut der KlimaSeniorinnen belohnt wird», sagt Georg Klingler, Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz. Die Umweltorganisation unterstützt die KlimaSeniorinnen seit Beginn. «Aus unserer Sicht sind die Chancen intakt, dass die Schweizer Klimaklage die erste Klage ihrer Art werden könnte, welche vom EGMR behandelt wird. Damit könnte sie zum wegweisenden Präzedenzfall für Europa und die Welt werden.»

Mit dem Greenpeace-Schiff von Basel nach Strassburg

Ihre Reise nach Strassburg starteten die KlimaSeniorinnen heute in Bern, wo sie einen offenen Brief an den Bundesrat präsentierten. Darin erläutern die Seniorinnen, warum sie in Strassburg Beschwerde gegen die Schweiz einlegen. Sie erinnern daran, welche Folgen der zu schwache Klimaschutz auf ihr Leben und ihre Gesundheit hat, und sie fordern Bundesrat und Behörden dazu auf, «beim Klimaschutz endlich so viel zu tun, wie es braucht, um uns heute schon Betroffenen sowie auch die zukünftig Lebenden genügend schützen zu können». 

Einzelne KlimaSeniorinnen werden persönlich mit dem Greenpeace-Segelschiff Beluga von Basel nach Strassburg reisen. Mit der Schifffahrt und der Übergabe am Gerichtshof bekommt der Schweizer Fall internationale Bedeutung. Eine Annahme und Behandlung der Beschwerde wäre ein Signal für die vielen weltweiten Klagen, in denen Betroffene Regierungen oder Konzerne wegen des ausbleibenden Klimaschutzes verklagen. Die KlimaSeniorinnen wollen darum zusammen mit Greenpeace ein hoffnungsvolles Zeichen setzen: Eine bunte Wimpelkette, welche die Wünsche und Hoffnungen der Menschen in der Klimakrise symbolisiert, soll die KlimaSeniorinnen begleiten. Die ersten Teile dieser Kette wurden heute in Bern gezeigt. Nun soll diese mit zahlreichen Wimpeln und Fahnen von der Bevölkerung verlängert werden, um schliesslich in Strassburg die grosse Bedeutung des Falles als einer der ersten Klimafälle am Gericht hervorzuheben. 


Die Beluga in Basel

Das Greenpeace-Segelschiff Beluga ankert in Basel. Am Mittwoch, 21. Oktober 2020 und am Samstag, 24. Oktober 2020 steht sie für eine kostenlose Besichtigung offen. Aufgrund von COVID-19 findet die Besichtigung in Kleingruppen von maximal sieben Personen statt. Vorgängig müssen das gewünschte Datum und die gewünschte Uhrzeit gebucht werden.


Von den Niederlanden inspiriert

Vor vier Jahren reichten die KlimaSeniorinnen und vier Einzelklägerinnen beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und weiteren Bundesbehörden ihre Klimaklage ein und ersuchten um einen verstärkten Klimaschutz zum Schutz ihrer Grundrechte auf Leben und Gesundheit. Denn die durch die Klimakrise zunehmenden Hitzeextreme im Sommer führen erwiesenermassen zu einer erhöhten Sterblichkeit und mehr Erkrankungen von älteren Menschen und insbesondere älteren Frauen. 

  • Nach dem Erfolg der niederländischen Stiftung Urgenda im Jahr 2015: Prüfung und Schaffung der juristischen Grundlagen für eine Schweizer Klage durch eine Kanzlei im Auftrag von Greenpeace.
  • Frühjahr 2016: Aufbau der Bewegung von Klägerinnen
  • August 2016: Gründung des Vereins KlimaSeniorinnen Schweiz
  • November 2016: Formelle Einreichung des «Begehrens um Einstellung von Unterlassungen im Klimaschutz» beim Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und weiteren Bundesbehörden
  • April 2017: Das UVEK weist das Gesuch aus formalen Gründen ab. Begründung: Die KlimaSeniorinnen würden etwas verlangen, was global angegangen werden müsse, sie seien deswegen nicht klageberechtigt. 
  • Mai 2017: Einreichung der Beschwerde gegen den Beschluss des UVEK beim Bundesverwaltungsgericht. 
  • Dezember 2018: Das Bundesverwaltungsgericht lehnt die Beschwerde wiederum aus formalen Gründen ab. Laut Urteil sind Frauen über 75 Jahre nicht stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen als andere Bevölkerungsgruppen. 
  • Januar 2019: Die KlimaSeniorinnen ziehen mit ihrer Klimaklage vors Bundesgericht
  • Mai 2020: Das Bundesgericht weist die Beschwerde der KlimaSeniorinnen nochmals aus anderen Gründen ab. Gerichtlichen Schutz für die Seniorinnen sieht das Bundesgericht erst, wenn die Folgen des Klimawandels unabwendbar sind. 
  • Oktober 2020: Die KlimaSeniorinnen ziehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg.

Die Urteile sämtlicher Instanzen sowie die Reaktionen des Vereins KlimaSeniorinnen sind auf der Webseite zu finden.


Weitere Informationen


Kontakte

Deutsch

  • Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins KlimaSeniorinnen, 061 302 96 35, [email protected] 
  • Cordelia Bähr, Rechtsanwältin der KlimaSeniorinnen, 078 801 70 34, [email protected] 
  • Martin Looser, Rechtsanwalt der KlimaSeniorinnen, 079 481 76 88, [email protected] 
  • Georg Klingler, Leiter Klima Greenpeace Schweiz, 079 785 07 38, [email protected] 

Französisch

Italienisch