Wenn Menschenrechte und Umwelt durch wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland gefährdet sind, stehen auch Konzerne mit Sitz in der Schweiz in der Pflicht: Mit dieser Botschaft lancierte heute eine breite Koalition – mit dabei Greenpeace Schweiz – in Bern ihre Konzernverantwortungsinitiative. Sie soll dafür sorgen, dass Schweizer Unternehmen den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt verbindlich in ihre Geschäftspraktiken integrieren.
Katastrophale Arbeitsbedingungen in Kleiderfabriken in Asien oder Osteuropa, missbräuchliche Kinderarbeit bei der Kakaoproduktion in Westafrika, tödliche Emissionen in Sambia: In solche Missstände sind durch ihre weltweite Tätigkeit auch Schweizer Konzerne verwickelt. Die Schweiz belegt zwar Platz 20 der globalen Wirtschaftsmächte. Gemäss einer Studie der Maastricht University, die weltweit über 1800 Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch Firmen ausgewertet hat, liegt die Schweiz diesbezüglich aber auf dem unrühmlichen 9. Rang. Solche Fälle sorgten in den letzten Jahren für viel Gesprächsstoff, konkrete Massnahmen blieben jedoch aus. Bundesrat und Parlament setzen weiter ausschliesslich auf freiwillige Massnahmen der Konzerne. Mitte März 2015 hat das Parlament eine Kommissionsmotion für mehr Unternehmensverantwortung nur knapp abgelehnt. Das Problem ist also erkannt, für die verbindliche Umsetzung braucht es aber noch mehr zivilgesellschaftlichen Druck.
Deshalb lanciert eine breite Koalition unterschiedlicher Organisationen – darunter Greenpeace Schweiz – heute eine Volksinitiative. Die Konzernverantwortungsinitiative will, dass alle Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zu einer Sorgfaltsprüfung im Bereich Menschenrechte und Umwelt verpflichtet werden. Dieses Instrument orientiert sich an den 2011 verabschiedeten «UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte». Demnach muss ein Konzern vorab all seine Geschäftsabläufe und -beziehungen durchleuchten, um mögliche Risiken für Mensch und Umwelt zu identifizieren. Anschliessend muss es solch potentiell negative Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeit mit wirksamen Gegenmassnahmen bekämpfen. Und als dritten Schritt ist es verpflichtet, transparent über allfällig verletzte Rechte und die dagegen ergriffenen Vorkehrungen zu berichten.
Um zu gewährleisten, dass alle Unternehmen ihre Sorgfaltsprüfungspflicht wahrnehmen, sollen Schweizer Konzerne auch für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden haften, die von ihnen kontrollierte Firmen begehen. Kann ein Unternehmen aber glaubhaft nachweisen, dass es die Sorgfaltsprüfung umfassend durchgeführt und alle nötigen Massnahmen getroffen hat, ist es von der Haftung befreit. Die Initiative wirkt also präventiv und gibt Unternehmen einen wirksamen Anreiz, das Richtige zu tun.
Cornelio Sommaruga, ehemaliger IKRK-Präsident und Mitglied im Initiativkomitee, sieht die Initiative als wichtigen Schritt für unseren Wirtschaftsstandort: «Die Schweiz hat sowohl als Sitzstaat humanitärer Organisationen wie auch als Heimat vieler transnationaler Konzerne eine hohe Verantwortung. Im Interesse der Reputation unseres Landes müssen wir auch unsere Unternehmen in die Pflicht nehmen.» Auch andere Sitzstaaten global agierender Konzerne setzen auf Regulierung ihrer Unternehmen. In Frankreich hat etwa die Nationalversammlung Ende März einen Gesetzesvorschlag gutgeheissen, der in die gleiche Richtung wie die Konzernverantwortungsinitiative weist. Antoinette Hunziker-Ebneter, Ex-Vorsitzende der Schweizer Börse und heute CEO der Forma Futura Invest AG betont: «Mit dieser Initiative können wir eine neue Basis schaffen, auf der die zivilgesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen freiwilligen Initiativen und die staatlich regulierenden Bestrebungen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt ineinandergreifen. Die Unternehmen erhalten so ein verbindliches Werkzeug, ihre Risiken zu minimieren. Dies stärkt ihren Wert genauso wie ihre Wettbewerbskraft.»
Die 66 lancierenden Organisationen sammeln ab sofort Unterschriften für die Konzernverantwortungsinitiative. Aktuelle Informationen sind auf www.konzern-initiative.ch zu finden.
Für allgemeine Fragen zur Konzernverantwortungsinitiative:
Kampagnensekretariat
Rahel Ruch, Koordinatorin der Konzernverantwortungsinitiative, , 031 390 93 36 / 076 517 02 08
Für weiterführende Fragen :
Chantal Peyer, Brot für alle, , 021 614 77 10 / 079 759 39 30
Daniel Hostettler, Fastenopfer, , 041 227 59 41
Peter Niggli, Alliance Sud, , 031 390 93 30 / 079 262 69 27
Danièle Gosteli-Hauser, Amnesty International Schweiz, , 031 307 22 22
Andreas Missbach, Erklärung von Bern, , 044 277 70 07