Greenpeace Niederlande hat heute neue Dokumente und eine detaillierte Analyse eines Teils der in Genf hinter verschlossenen Türen stattfindenden Verhandlungen für ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, TiSA) veröffentlicht. Der Inhalt der Dokumente ist gravierend und gibt Einblick in die weit fortgeschrittenen TiSA-Verhandlungen, die in direkten Widerspruch zu Demokratie und den Pariser Klimaschutz-Abkommen stehen.

Von der Öffentlichkeit bislang kaum beachtet, könnten die Verhandlungen über TiSA bis Ende Jahr abgeschlossen sein. Hinter verschlossenen Türen verhandelt, unterliegen die TiSA-Dokumente im Grundsatz einer fünfjährigen Veröffentlichungssperre nach Unterzeichnung des Abkommens. Die Dokumente finden sie unter www.tisa-leaks.org.

Die Veröffentlichung der TiSA-Dokumente erfolgt zu einem Zeitpunkt, da die schwierigen TTIP-Verhandlungen zwischen der US-Regierung und der EU ins Stocken geraten sind, und nachdem einflussreiche Politiker in Frankreich und Deutschland das Abkommen öffentlich kritisiert haben. TTIP und CETA, das höchst umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, werden am 23. September in der slovakischen Stadt Bratislava von den EU-HandelsministerInnen diskutiert.

An einer Medienkonferenz am Verhandlungsort Genf erläuterte Greenpeace Niederlande zusammen mit VertreterInnen von Konsumentenorganisationen, Gewerkschaften und Bürgerbewegungen die negativen Auswirkungen des TiSA-Abkommens. Ausserhalb des Veranstaltungsortes, an der Rue de Varembé, kann die Öffentlichkeit in einem mobilen, gläsernen Leseraum einen Blick auf die veröffentlichten Geheimpapiere werfen.  

Susan Cohen Jehoram, die internationale TTIP-Kampagnenleiterin von Greenpeace Niederlande, sagt: «Die heute veröffentlichen Dokumente zeigen, dass TiSA wie auch andere Handelsabkommen Massnahmen enthält, die politischen EntscheidungsträgerInnen, die das Pariser Klimaabkommen umzusetzen versuchen, die Hände binden.»

Aus der Analyse von Greenpeace Niederlande geht hervor:  

  • Mit TiSA wird eine weltweite Liberalisierung und Deregulierung von Dienstleistungen – vom Service Public bis zum Finanzmarkt – unumkehrbar vorangetrieben. Die so genannte Stillstand- und Sperr-Klauseln (engl. standstill und ratchet) sind Mechanismen, welche die gegenwärtigen und zukünftigen Handlungsfreiheiten von Staaten einschränken und die Interessen von Grosskonzernen bevorteilen, welche von der Liberalisierung am meisten profitieren.
  • Demokratische Kontrolle und die Möglichkeit der Regulierung durch demokratisch gewählte Regierungen würden eingeschränkt, weil Unternehmen bei der Ausarbeitung neuer Vorschriften mitreden und diese blockieren könnten, wenn dadurch ihre Geschäftsinteressen beeinträchtigt würden.
  • Eine Unterscheidung zwischen mehr oder weniger schädlichen fossilen Brennstoffen wäre nicht mehr zulässig, was den Ausstieg aus besonders schädlichen Formen wie Teersandöl und Schieferöl verunmöglichen würde.
  • Handelsabkommen wie TISA fördern den Handel mit fossilen Brennstoffen, während Verwendung und Handel dieser Brennstoffe doch abnehmen sollten, damit die Zielsetzungen der Pariser Klimaverhandlungen und des Planeten erfüllt werden können.

Matthias Wüthrich, Leiter Handelskampagne bei Greenpeace Schweiz, kommentiert: «TiSA ist der unbekannte grosse Bruder von TTIP, CETA und TPP. Diese Handelsabkommen hebeln das Pariser Klimaschutzabkommen aus, begünstigen globale Erdöl-Konzerne und stellen eine Gefahr dar für unsere Demokratie. Wir müssen diese gefährlichen Freihandelsabkommen stoppen und eine öffentliche Debatte beginnen über ein globales und gerechtes Handelssystem, das sich an den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt orientiert – und nicht an den Interessen einiger globaler Konzerne. Handelsabkommen müssen so ausgestaltet sein, dass sie den Klimaschutz fördern, nicht torpedieren.» 

Greenpeace Schweiz wird am Mittwoch, 21. September, um 13.00 auf dem Bundesplatz in Bern zusammen mit nationalen PolitikerInnen und NGO-VertreterInnen die Bedeutung der geleakten TiSA-Dokumente für die Schweiz erläutern und konkrete Massnahmen fordern. 

Hinweise an die Redaktionen:

Die Analyse zum Energie-Report befindet sich hier: www.stop-tisa.net 

Die SprecherInnen der Medienkonferenz waren:

Susan Cohen Jehoram, Internationale TTIP Kampagnenleiterin, Greenpeace Niederlande

Matthias Wüthrich, Leiter Handelskampagne, Greenpeace Schweiz

Daniel Bertossa, Director Policy and Governance, Public Services International

Sarah Finke, Policy Coordinator, International Transport Workers’ Federation

Maryant Fernández Pérez, Advocacy Manager, European Digital Rights (via video message)

Isolda Agazzi, Expertin für Welthandel, Alliance Sud Schweiz 

Die folgenden Personen stehen für weitere Auskünfte zur Verfügung:

Jürgen Knirsch, Handelsexperte, Greenpeace Deutschland

Maryant Fernández Pérez, European Digital Rights

Nick Dearden, Global Justice Now

Kommentare anderer NGO, die sich mit weiteren Aspekten von TISA befassen, finden Sie hier: www.ttip-leaks.org.  

Bilder der Protestaktion vom Morgen: bit.ly/2d1x5Hu

Kontakte:

Lilla Lukacs, Communications Manager, Greenpeace Schweiz, Tel: +41 79 861 37 92 

Merel van der Ham, Press Officer, Greenpeace Netherlands, Tel: +31 6 21 29 68 95 

Greenpeace International Press Desk, Tel: +31 (0)20 718 2470