Trotz noch nie dagewesener Proteste und glasklarer wissenschaftlicher Erkenntnisse kommt die Staatengemeinschaft und mit ihr die Schweiz an der rekordlangen COP25 in Madrid nicht vom Fleck.
Zürich, 15.12.2019
- Es bleibt unklar, ob und wie die Länder die enorme Lücke zum 1.5°C-Ziel schliessen werden. Der Emissions Gap Report der UN zeigte vor der Konferenz, dass auch vier Jahre nach dem Übereinkommen von Paris die Emissionen weiter steigen. Ohne Änderung der Politik schlittern wir in Richtung einer katastrophalen Erderwärmung um mindestens 3.2°C. Der Einfluss der Handlanger der Fossilindustrie war an dieser COP sichtbar wie noch nie, denn Worte werden die Klimakrise nicht lösen.
- Die Lücken im Regelbuch von Paris wurden nicht geschlossen: Artikel 6 sollte den Handel mit Emissionszertifikaten regeln, bleibt aber weiterhin ein ein Streitpunkt. Im schlimmsten Fall führt die Regelung sogar zum weiteren Anstieg der Emissionen. Darum darf die Schweiz ihre Klimapolitik nicht weiter auf die Anrechnung von Zertifikaten abstützen.
- Von Klimagerechtigkeit keine Spur: Die reichen und hauptverantwortlichen Länder zögern weiterhin bei der Wiedergutmachung bereits erfolgter Klimaschäden (Loss and Damage) sowie auch bei der Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen in besonders betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländern (Green Climate Funds).
Georg Klingler, Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz, kommentiert den Abschluss von der Klimakonferenz in Madrid:
“Die Schweiz hat schon wieder das Klima auf die lange Bank geschoben. Sie hat auf die Anrechnung von CO2-Reduktionen im Ausland gesetzt und hat es versäumt, im Inland genügend zu tun. Darum überrascht es nicht, dass wir beim Klimaschutz-Rating aus den Top10 rausfliegen. Die Aura des Musterschülers ist dahin. Das COP25-Debakel ist ein Weckruf für Parlament und Verwaltung, nun die Politik voll und ganz auf effektiven Klimaschutz im Inland zu fokussieren. Im Inland gilt es, bis 2030 die Emissionen um mindestens 60% abzusenken. Dass mehr drinliegt, zeigt aktuell Dänemark mit einem 70%-Ziel. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum nicht auch die Schweiz wieder ein Klimachampion werden sollte. Weiter reden statt handeln hingegen ist brandgefährlich, nicht nur wegen der immer schlimmer werdenden Klimafolgen, sondern auch wegen der zunehmenden Enttäuschung der engagierten Jugendlichen.”
“Während die Politik durchwegs enttäuschte, erstarkt die Klimabewegung immer weiter. In Madrid protestierte eine halbe Million Menschen gegen die Lahmheit der Politik. Parallel dazu hat die philippinische Menschenrechtskommission ein wegweisendes Urteil gefällt und öffentlich festgestellt, dass die so genannten Carbon Majors, die 47 grössten börsenkotierten CO2-Emittenten, darunter die zwei Schweizer Firmen Glencore und Holcim, eine juristische Verantwortung für klimabedingte Menschenrechtsverletzungen haben. Damit gibt sie all den betroffenen Menschen die Hoffnung, dass die Verantwortlichen des Klimadsasters eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden können.”
Bildmaterial sowie weitere Informationen finden Sie unter greenpeace.ch oder bei:
Georg Klingler, Klimaexperte Greenpeace Schweiz, [email protected], 079 785 07 38
Hintergrundinformationen
Während der UN-Klimakonferenz COP25 haben Greenpeace und ihre Bündnispartner mehrere interessante Publikationen veröffentlicht, auf die wir Sie hinweisen möchten:
In Hot Water: The Climate Crisis and the Urgent Need for Ocean Protection.
Dieser Greenpeace-Report zeigt auf, wie die Meere durch die Verschmutzung beeinträchtigt werden und welche wichtige Rolle sie bei der Regulatierung unseres Klimas spielen.
Under Fire
Dieser Greenpeace-Report zeigt die Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen, die durch die Sojaproduktion in Brasilien verursacht werden auf. Über die Futtermittelimporte von jährlich ca. 290’000 Tonnen hat die Schweiz eine direkte Verbindung dazu.
Coal and human rights
Dieser Report von Greenpeace Spanien zeigt die fatalen Folgen der Kohlenutzung auf Sterblichkeit und Gesundheit der Bevölkerung.
Insurance Scorecard 2019
Der Report der Umweltorganisationskoalition Unfriend Coal, der auch Greenpeace angehört, zeigt, wie die Versicherungsindustrie noch immer die Klimakrise befeuert. Anders al bei den Schweizer Banken führen hier immerhin zwei Schweizer Versicherungen die Liste der klimafreundlichsten Institute an.
Climate Change Performance Index
Germanwatch, the New Climate Institute und das Climate Actions Network veröffentlichen jedes Jahre das Ranking der Klimaschutzbemühungen der Länder. Die Schweiz ist dieses Jahr von Rang 9 auf Rang 16 abgestiegen.
Medienberichte zur Untersuchung der philippinischen Menschenrechtskommission:
Die detaillierte Untersuchung der Menschenrechtskommission wurde 2015 durch eine Gruppe von Betroffenen des Tayfun Hayans mit Unterstützung durch Greenpeace initiiert und fand nun während der COP25 ihren Abschluss. Democracynow und Independent haben u.A. darüber berichtet und Greenpeace hat dazu eine englische Medienmitteilung sowie ein Briefing auf Deutsch mit allen Informationen zum Verlauf der Klimaklage verfasst.