Heute hat der Weltklimarat IPCC den Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme in Genf vorgestellt. Der Bericht kommt zum Schluss: Der Schutz und die Wiederherstellung von Wäldern sowie die dringende Umgestaltung des globalen Ernährungssystems durch einen deutlich geringeren Fleischkonsum sind die wichtigsten Ansätze, um die sich zuspitzende Land- und Klimakrise einzudämmen. Jetzt ist auch die Schweiz gefragt.

«Less Meat = Less Heat. Climate Action NOW!» Das steht auf einem Plakat, das Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten heute Vormittag auf dem Place des Nations in Genf ausgerollt haben. Sie fordern eine Landwirtschaft mit weniger Fleischproduktion. Denn der Futteranbau zerstört Wälder, die CO2 speichern.

Die bewilligte Aktion fand kurz vor der Pressekonferenz des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) in Genf statt, an der dieser den Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme vorstellte. Die in Paris vereinbarten Klimaziele lassen sich nur erreichen, wenn die Fleischproduktion weltweit deutlich sinkt. Das ist nach Einschätzung von Greenpeace eine zentrale Botschaft des Sonderberichts.

«Wenn wir Wälder schützen und wiederherstellen und unser Ernährungssystem durch einen deutlich geringeren Fleischkonsum ändern, können wir dazu beitragen, die Klima- und Biodiversitätskrise zu meistern. Unser Land und unsere Biodiversität stehen unter enormem Druck, wie die verheerenden Brände in Sibirien zeigen», sagt Dr. Christoph Thies, Wald- und Klimaexperte bei Greenpeace Deutschland. «Die Regierungen sind gezwungen, ihre Klimaschutzziele angesichts des Berichts des IPCC zu aktualisieren und zu verbessern.»

Bioenergie – ein hohes Risiko für die Ernährungssicherheit 

Der Sonderbericht des IPCC über Klimawandel und Landsysteme warnt davor, dass mehr als ein Viertel des Landes einer «Schädigung durch den Menschen» («human-induced degradation») unterliegt. Aber mehrere Lösungen können sowohl Minderung als auch Anpassung fördern und gleichzeitig die Ziele der nachhaltigen Entwicklung unterstützen.

Das Weltklimarat fügt hinzu, dass Bioenergie, allein oder mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (BECCS), ein hohes Risiko für die Ernährungssicherheit und die Bodendegradation bedeutet. Die «No regret»-Möglichkeiten zur Bekämpfung der Klimakrise umfassen den Schutz und die Wiederherstellung des Waldes und der natürlichen Ökosysteme sowie die Verringerung der Fleischproduktion und des Fleischkonsums.

«Die Herausforderung ist gross, aber die Lösungen sind vielfältig. Eine Änderung der Lebensmittelproduktion und unserer Ernährung wird unser Klima schützen sowie die Ernährungssicherheit fördern. Wir können lebenswichtige Bodenflächen freigeben, die heute für den Anbau von Tierfutter und als Weideland genutzt werden, wenn wir auf gesunde pflanzliche Ernährungsweisen setzen und ökologische Anbaumethoden anwenden, die helfen, Kohlenstoff im Boden zu binden und die Biodiversität zu erhöhen», sagt Dr. Reyes Tirado, Wissenschaftlerin bei den Greenpeace-Research Laboratories der Universität Exeter.

Schweiz trägt indirekt zu Landnutzungsänderungen in anderen Ländern bei 

Die Schlussfolgerungen aus dem IPCC-Bericht müssen auch in der Schweiz von Politik und von Schweizer Unternehmen ernsthaft berücksichtigt werden. Die Schweiz importiert in grossen Mengen Produkte aus Gebieten, in welchen Wälder gerodet und Feuchtgebiete trockengelegt werden. So zum Beispiel Soja für Tierfutter, Palmöl, Kakao oder Holz und Zellstoffe. Somit trägt die Schweiz indirekt in anderen Ländern zur Zerstörung von Ökosystemen bei, die für die Klimaregulierung unerlässlich sind. Eine Studie hat kürzlich dargelegt, dass kein anderes Land einen solch hohen Anteil seiner Umweltbelastung in andere Länder exportiert wie die Schweiz.

Weitere Erkenntnisse des IPCC-Berichts

  • 23% der von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen stammen aus Abholzung, Waldrodungen und Landwirtschaft. Land kann als starke Kohlenstoffsenke wirken, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu mildern.
  • Eine bessere Landnutzung allein wird den Klimawandel nicht stoppen. Wird der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hinausgezögert und die Eindämmung der Krise in den Landsektor verlagert, erhöht sich das Risiko von Klimaauswirkungen und Ernährungsunsicherheit.
  • Die Emissionen des gesamten Nahrungsmittelsystems, einschliesslich Produktion und Konsum, machen bis zu 37% der gesamten globalen, von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus.
  • Der Fleischkonsum hat sich in den letzten 60 Jahren mehr als verdoppelt, weil Boden in einer beispiellosen Geschwindigkeit in der Geschichte der Menschheit für Landwirtschaftszwecken umgenutzt wurde.
  • Rund zwei Milliarden Erwachsene sind übergewichtig oder adipös, gleichzeitig sind 821 Millionen Menschen immer noch unterernährt, was die Notwendigkeit einer Reform des globalen Ernährungssystems unterstreicht.

Fotos der Aktion in Genf sind hier zu finden.

Greenpeace hat ein detailliertes Medienbriefing erstellt, das die Ergebnisse des Weltklimarats analysiert. Dieses Briefing finden Sie hier (in Englisch).

Kontakte:

  • Aaron Gray-Block, Greenpeace International, [email protected]; +61 437 845 150 (vor Ort in Genf)
  • Mathias Schlegel, Greenpeace Schweiz, [email protected]; +41 79 794 61 23 (vor Ort in Genf)
  • Greenpeace International Press Desk, +31 (0)20 718 2470 (24 Stunden verfügbar), [email protected]