Peter Wick ist Zell-Molekularbiologe an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und untersucht, wie Kunststoff mit biologischer Materie interagiert. Wir haben ihm ein paar dringende Fragen rund ums Thema Mikroplastik im Körper gestellt.

Herr Wick, wir haben Mikroplastik in der Lunge, im Darm, im Stuhlgang – und gemäss neusten Erkenntnissen auch im Blut. Wie kommt er dorthin?

Es ist im Moment Gegenstand vieler Forschungsprojekte, hier Licht ins Dunkel zu bringen. Ich denke, wir nehmen die Plastikpartikel über die klassischen Aufnahmewege auf. Aber woher, welche und wie viele Partikel wir genau aufnehmen und was Plastik in unserem Körper anstellt, sind einige der wichtigen Forschungsfragen, die wir so bald wie möglich beantworten müssen.

Wie besorgt sind Sie darüber, dass Plastik schon durch unsere Adern fliesst?

Wir leben im Zeitalter des Plastiks, von daher erstaunen mich die Befunde nicht. Aber auch hier gilt der Grundsatz von Paracelsus: Die Menge macht das Gift … Solange wir aber keine Antworten auf Fragen haben wie beispielsweise ob sich Plastik im Körpergewebe akkumuliert oder gleich wieder ausgeschieden wird haben, ist es schwierig, die Lage einzuschätzen.

Neben Mikroplastik forschen Wissenschaftler:innen auch zu Nanoplastik in unserem Körper. Was ist das der Unterschied?

Grundsätzlich ist der Unterschied die Grösse. Aber wie überall liegt der Teufel im Detail. Wir haben gelernt, dass wenn wir Materialien verkleinern, neue Effekte auftreten können – auch für den Körper. Ob das bei Nanoplastik auch so sein wird, ist Gegenstand von Untersuchungen.

Wann können wir damit rechnen, genauer zu wissen, was Mikroplastik in unserem Körper anstellt? In fünf, zehn oder gar erst in zwanzig Jahren?

Es sind viele nationale und internationale Forschungsgruppen daran, die wichtigsten Fragen zu beantworten, und Methoden zu entwickeln, um Fakten liefern zu können. Ich denke, in fünf Jahren haben wir erste solide Erkenntnisse. Aber um eine abschliessende Beurteilung zu Mikro- und neu auch Nanoplastik im Körper machen zu können, wird es definitiv länger dauern.

Mikroplastikproben aus einem Fluss in England, die Greenpeace im Labor untersucht. © Alex Hyde / Greenpeace

Salopp gesagt sind wir Menschen bewusste Plastikfresser:innen. Wie erklären Sie sich, dass wir nicht besorgter sind über die Entdeckung, dass sich Mikroplastik an verschiedenen Stellen in unserem Körper ablegt?

Schwierig zu beantworten. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir genauer hinschauen, Fakten schaffen und darauf basierend die entsprechenden Entscheidungen fällen müssen.

Können wir uns dem Mikroplastik überhaupt noch entziehen und die Plastikkrise stoppen?

Prinzipiell schon. Aber dazu müssen wir lernen, die Kreis­ läufe zu schliessen: Littering zu verhindern, das vorhande­ne Plastik wiederzuverwenden und aus der Natur, so gut es eben geht, wieder zu entfernen. Nur so können wir den Kunststoff weiter nutzen, ohne die Umwelt und unsere Körper weiter zu belasten.

Zum Schluss: Was halten Sie von einem Plastikverbot?

Plastik hat viele Vorteile, die durch Alternativen nicht immer erreicht werden können. Verbote sind ein Weg, aber wie erwähnt glaube ich eher an die Schliessung der Stoffkreisläufe, sodass wir den bestehenden Plastik mit den entsprechenden Technologien wiederverwenden können.