Zwischen Selbstverwirklichung, Sinnessuche und sozialen Medien. Irgendwo unter all den Smartphones, Smart-TVs und Smartwatches begraben. Genau da setzt sich Greenpeace-Praktikantin Danielle mit den Hoffnungen, Herausforderungen und Problemen ihrer Generation Y auseinander – und fragt sich in ihren kommenden Kolumnen: Wie zum Teufel soll das grün gehen?
Seit rund einem Monat geht es in unserem Haushalt drunter und drüber: Pflanzen fliegen von Kommoden herunter, überall auf dem Boden liegt Sand herum, die Couch wird nach Strich und Faden auseinandergenommen und an Schlaf ist kaum mehr zu denken. Dafür verantwortlich ist nicht etwa eine Horde Trolle, die rücksichtslos durch unsere Wohnung gerannt ist. Nein, für das Chaos ist einzig und allein einer zuständig: Kater Oscar, unser drei Monate alter Neuzugang. Seit der kleine Mann bei uns eingezogen ist, steht unsere Welt regelrecht Kopf – und nichts mehr dort, wo es einst mal war…
Wie jedes frisch gewordene Elternpaar zeigen mein Freund und ich jedem, der es nicht sehen will, ein Bild von unserem Oscar, wir können gar nicht aufhören, von ihm zu erzählen und stellen Google jede noch so lächerliche Frage, wenn die kleine Samtpfote miaut. Wer hätte gedacht, dass wir mal solche Eltern werden – und dabei haben wir nicht mal ein Kind. Obwohl – es fühlt sich eigentlich genau so an. Denn wenn wir auf Besuch gehen, können wir nicht lange bleiben, schliesslich kann der Kater noch nicht so gut alleine sein (immerhin haben wir endlich eine gute Ausrede), wir streiten uns darüber, wer damit an der Reihe ist, das Katzenklo zu putzen und hier und da erwische ich mich dabei, wie ich mich in einer mir bisher noch unbekannten Babysprache mit Oscar unterhalte – shame on me.
Doch verhalten wir uns nicht nur, als hätten wir ein Kind, nein, auch finanziell zieht Oscar mit einem Baby gleich. Seit vier Wochen nun schwinge ich tagtäglich die Katzenklo-Schippe und leere dreimal am Tag einen Beutel Nassfutter in Oscars Napf. Dass das auf den Geldbeutel schlägt, ist logisch. Doch nicht nur das: Auch unser Abfall füllt sich schneller – und zwar gehörig. Irgendwo müssen der Katzenstreu und all die leeren Futterverpackungen ja landen. Unweigerlich muss ich daran denken, wie wir uns im Greenpeace-Büro darüber unterhalten hatten, dass ein wirksamer Weg, um klimafreundlich zu leben, der ohne Kinder wäre. Wenn Oscar einem Kind gleich kommt, wäre er dann nicht auch ein kleiner Klimaerhitzer?
Laut einer Studie des Geographen Gregory Okin, der die Ernährung von Hunden und Katzen untersucht hat, fallen bei der Herstellung der Nahrungsmittel für Haustiere in den USA tatsächlich jährlich Treibhausgase an, die 64 Millionen Tonnen CO2 entsprechen. Das ist soviel wie – notabene – 13 Millionen Autos pro Jahr ausstossen. Denn obwohl für die Nahrung von Hunden und Katzen zwar mehrheitlich Fleischbestandteile verwendet werden, die für Menschen ungeniessbar sind, wie Knorpel und Innereien, kommen diese trotzdem aus der Tierhaltung – und bekanntlich verbraucht die Herstellung von Fleisch erheblich mehr Energie, Landfläche und Wasser als Nahrung auf Pflanzenbasis. Hinzu kommt, dass immer häufiger Besitzerinnen und Besitzer ihren Tieren hochwertiges Futter geben und ihre Lieblinge vermenschlichen, d. h. ihnen Futter geben, dass auch für Menschen gut ist. In beiden Fällen beinhaltet das Futter mehr Fleisch, das ebenso für menschliche Nahrungsmittel geeignet wäre.
Obwohl Gregory Okin diese Zahlen für die USA erhoben hat, spielen sie auch in der Schweiz eine Rolle. Denn hierzulande leben mittlerweile eine halbe Million Hunde und eineinhalb Millionen Katzen. Ein Schweizer Unternehmen hat deswegen die Ökobilanz von Haustieren in der Schweiz berechnet. Und kann Entwarnung geben: Heraus kam nämlich, dass eine Katze hierzulande im Jahr einer Umweltbelastung von 1300 km Autofahrt entspricht. Wenn man ehrlich ist, geht das noch. Und wenn man weiss, dass ein Baby im Jahr 56 Tonnen CO2 kostet erst recht. Auch machen laut dem Schweizer Unternehmen alle Haustiere der Schweiz nur rund 1 Prozent der totalen durch Konsum verursachten Umweltbelastung aus. Natürlich kann man den ökologischen Pfotenabdruck seines Büsis trotzdem verkleinern, indem man auch beim Katzenfutter zu Bio greift – oder sein Tier gar ganz vegan ernährt. Davon bin ich jedoch kein Fan, schliesslich haben wir der vor langer Zeit eigentlich in Freiheit lebenden Wildkatze schon mehr oder weniger ihre Freiheit genommen und sie zum Haustiger gemacht. Da darf man ihr wenigstens noch die Freiheit des Fleischfressens lassen.
So friedlich schlafend, wie der kleine Oscar gerade vor mir liegt, fällt es mir so oder so schwer zu glauben, dass er zu so etwas Schlimmen fähig ist, wie den Klimawandel voranzutreiben. Allerhöchstens mit seinen Fürzen – denn die stinken so sehr, dass sie denjenigen von Kühen mächtig Konkurrenz machen dürften.
Danielle Müller studierte Journalismus und Unternehmenskommunikation in Berlin und schreibt nun für Greenpeace. Die 27-Jährige Baslerin ist stets im Sattel ihres Rennvelos anzutreffen und sagt nie Nein zu einer guten Umwelt-Doku auf Netflix.