Der Koch-Aktivist Wam Kat bekocht seit über 30 Jahren Aktivisten und Aktivistinnen in ganz Europa. Vor fünf Jahren hat er seine eigene vegane Volksküche gegründet. Manchmal gelingt ihm damit sogar das Kunststück, zwei verfeindete Lager an einen Tisch zu bringen. Wir wollten von ihm wissen, wie er das schafft.

Greenpeace: Wam, warum setzt du dich als Koch-Aktivist für eine nachhaltige Esskultur an Demonstrationen und politischen Aktionen ein?

Wam Kat: Essen ist ein Kernthema, an dem sich viele andere Themen aufhängen lassen. Die Energiewende zum Beispiel beginnt mit dem Essen. Aber auch Themen wie die Globalisierung, die Migration, Ausbeutung und Landgrabbing, das alles ist stark mit dem Thema Ernährung verbunden.

Wieso findest du es wichtig, dass Demonstranten und Aktivistinnen nicht einfach mit Müsliriegel und Wasser durchgefüttert werden, sondern etwas Rechtes zu essen bekommen?

Ach, wenn es ein Bio-Müsliriegel wäre und Leitungswasser aus einer Mehrwegflasche, dann hätte ich kein Problem damit. Aber als ich vor gut 30 Jahren während der ersten Umweltaktionen mit Kochen anfing, war den Aktivisten vor allem wichtig, dass das Essen billig war. Pizza und Fastfood von Imbissbuden standen hoch im Kurs. Ich fand es aber irgendwie verkehrt, mit einem Hamburger von McDonald’s in der Hand gegen AKW zu protestieren. Der Wandel beginnt bei uns, und er bedingt den bewussten Umgang mit allem um uns herum, auch der Ernährung.

Wie kann man sich eine Aktion deiner Volksküche konkret vorstellen?

Nachdem ich fast drei Jahrezehnte lang mit verschiedenen Gruppen gekocht hatte, gründete ich vor fünf Jahren meine eigene vegane Volksküche. Die Lebensmittel, die wir verwenden — fast ausschliesslich Bio oder Demeter —, sind oft zu klein, zu gross oder zu knubbelig für den Verkauf und werden uns gespendet. Werden wir für einen uns wichtigen Umweltanlass angefragt, so schicke ich eine Nachricht an eine wachsende Gruppe freiwilliger Helfer überall in Deutschland. Die meisten arbeiten ehrenamtlich; ohne sie würde ich das niemals schaffen. Wir verdienen nichts mit unserer Küche; manchmal sind nicht einmal unsere Unkosten gedeckt. Aber egal, das Schöne ist, dass wir immer unglaublich viel Spass haben. Das ist unbezahlbar.

«Wenn wir mit Liebe und guter Energie kochen, dann wird auch die Aktion erfolgreich sein.»Wie wichtig ist das Essen aus deiner Küche für die Stimmung bei Umweltaktionen oder an einer Demonstration?

Der Greenpeace-Koch Rien Achterberg, mein Lehrmeister auf der Rainbow Warrior, sagte immer: Wenn wir mit Liebe und guter Energie kochen, dann wird auch die Aktion erfolgreich sein. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Stimmung meist steigt, wenn ich das Essen auftische.

Hast du auch schon Aktionen erlebt, an denen das Essen dazu beitrug, dass eine Situation nicht eskalierte?

Ja, zum Beispiel bei einer Hausbesetzungs-Aktion vor ein paar Jahren. Da fand ein erbitterter Kampf zwischen den Besetzern und der Polizei statt. Wir haben dann unseren Bus mit der Küche genau zwischen den beiden Fronten platziert. Zuerst flogen noch Flaschen und Steine über uns hinweg. Wir haben derweil Teller mit veganem Döner vorbereitet. Irgendwann wollten die Besetzer alle erst mal essen und nach zehn Minuten Ruhe zog die Polizei ab.

Vor wenigen Wochen hast du in Nürnberg an einer Aktion gegen Lebensmittelverschwendung gekocht. Wie war die Stimmung dort?

Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, trat dort vor einer grossen Gruppe Milchbauern auf. Die Bauern waren richtig wütend und machten dem Minister klar, wo ihrer Meinung nach der Hammer hängt. Doch genau als es anfing, brenzlig zu werden, war meine Suppe fertig und ich habe alle an den Tisch gebeten. Dann entstand plötzlich ein ziemlich interessantes Tischgespräch. Und je länger alle am Tisch sassen und assen, desto ruhiger verlief die Diskussion.