Riesige europäische Fischtrawler plündern die Meere leer und lassen dabei die einheimischen Handwerksfischer leer ausgehen.

Oft sitzt der Fischer Amuera Tebiri einfach nur so da und wartet. Er hat dann eine Tasse starken Tee in der Hand und schaut von seiner Hütte aus übers Meer. Amuera Tebiri, 53, hält Ausschau nach seinen Kollegen, die mit ihren Motorbooten an seinem Strand ankommen. Er lebt auf Tarawa, einem kleinen Atoll, das zum Inselstaat Kiribati gehört und das auf halber Strecke zwischen Hawaii und Australien liegt. Früher sind sie zusammen hinaus gefahren. Doch heute lohnt sich das nicht mehr. Sie fangen kaum noch Fisch, denn vor den Küsten plündern gigantische Industrieschiffe aus Europa das Meer.

Amuera Tebiri hat die Fischerei aufgegeben. Die kleinen Fänge bereiten ihm grosse Sorgen, da Thunfisch die Hauptnahrung der Einheimischen ist. © Christian Åslund / Greenpeace

Aus Leben wird Abfall

Besonders zerstörerisch sind Thunfisch-Trawler, die sogenannte Fischsammler einsetzen. Fischsammler sind pilzförmige Geräte, unter denen sich Thunfische sammeln, um in ihrem Schatten Schutz zu suchen. Sie ziehen aber auch andere Tiere, wie Haie, Schildkröten und Jungfische an. Schliessen sich später die Netze um die Sammler, werden sie ebenfalls gefangen. Dieser ungewollte Beifang wird danach wieder über Bord geworfen — doch dann sind die Tiere in den meisten Fällen längst erstickt.

In den riesigen Netzen der Industrieschiffe sterben auch Tiere, die die Fänger nicht wollen. Tausende Fische gehen als unerwünschter Beifang wieder über Bord – und damit ebenso viele Mahlzeiten. © Western Sahara Resource Watch

Monster fressen die Meere leer

Laut der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO waren 2010 etwa 3,2 Millionen Fangschiffe auf den Weltmeeren aktiv. Das sind rund 75 Prozent mehr als noch vor 30 Jahren. Nur drei Prozent der Fangschiffe sind länger als
 24 Meter. Diese drei Prozent fängt jedoch mehr Fisch als alle kleinen Boote zusammen, arbeitet mit zerstörerischen Fanggeräten und geht unverantwortlich mit der Umwelt um.

Jahrelang liess die Europäische Union zu, dass die eigenen Fischereiflotten immer grösser wurden und mehr Fisch fingen, als durch natürliche Vermehrung nachwachsen kann. Inzwischen müssen die Trawler auf der Suche nach Fisch bis nach Westafrika, in den Südpazifik und andere Weltregionen fahren. Denn rund 90 Prozent der Speisefischbestände sind überfischt oder werden bis an ihre Grenzen ausgebeutet. Reichlich spät hat die Politik das Problem nun immerhin erkannt: Vor kurzem wurden die Regularien für die EU-Fischereiflotten reformiert.

Die neuen Regeln sehen vor, dass Regierungen jene Fischerei fördern sollen, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt hat. Doch die Fischereikonzerne bedienen sich zahlreicher Tricks, um die Gesetze zu umgehen und maximalen Profit zu erwirtschaften. Dazu zählen die Nutzung von Tarnfirmen und Steueroasen sowie ein häufiger Wechsel des Staates, unter dessen Flagge das Schiff unterwegs ist. Der 119 Meter lange, niederländische Supertrawler Franziska tauschte beispielsweise zwischen 2005 und 2014 viermal die Flagge: von den Niederlanden zu Belize, zurück zu den Niederlanden weiter zu Peru und schliesslich wieder zu den Niederlanden. So lassen sich Steuervorteile, Fangquoten und Subventionen optimal ausnutzen.

Mit seiner riesigen Fangkapazität ist der Supertrawler Franziska an der Überfischung in globalem Ausmass beteiligt. © Pierre Gleizes / Greenpeace

Global Fishing Watch — Hoffnung auf bessere Kontrolle?

Rund 71 Prozent der Erdoberfläche ist von Wasser bedeckt, davon rund 97 Prozent Meerwasser. Alleine der Pazifik bedeckt fast ein Drittel der gesamten Erdoberfläche. Angesichts dieser Dimensionen ist die Kontrolle der Aktivitäten er Fischereiflotten eine schier unmögliche Aufgabe.

Das Projekt «Global Fishing Watch» könnte zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung illegaler Aktivitäten beisteuern. «Global Fishing Watch» wird gemeinsam von Oceana, Google Earth und Skytruth entwickelt. Dabei werden mittels Satellitendaten die Bewegungen und Positionen der Schiffe auf den Weltmeeren zeitgenau sichtbar gemacht. Somit können Konsumentinnen und Konsumenten künftig die Routen der Schiffe verfolgen, Organisationen können sehen, ob Schiffe in illegalen Schutzzonen fischen, Supermärkte, können die Routen ihrer Lieferanten verfolgen, Auflagen von Seiten Regierung können bei Verstössen besser durchgesetzt werden, Wissenschaftler haben einfachen Zugang zu einer Fülle von Daten und die Fangschiffe wissen, dass sie auch bei Nacht- und Nebelaktionen auf hoher See gesehen und zur Verantwortung gezogen werden können.

«Global Fishing Watch» wurde im November 2014 in einer Betavesion aufgeschaltet.

Global Fishing Watch zeigt auf, wo gefischt wird. So sollen illegale Machenschaften aufgedeckt werden. © Global Fishing Watch

Die EU-Regierungschefs müssten die Fangkapazitäten ihrer Flotten ehrlich unter die Lupe nehmen und Überkapazitäten abbauen. Dabei sollten sie vor allem auf besonders umweltschädliche Fischereimethoden ein Auge haben, prüfen, ob Eigentümer die Gesetze einhalten und Anreize für schonende Fangmethoden schaffen.

Der Greenpeace-Fischratgeber: