- WILDNIS — EINE DEUTSCHE IDEE
Die Wildnis scheint eine ziemlich deutsche Idee zu sein — in zahlreichen Sprachen gibt es kein entsprechendes Wort dafür. Will man es übersetzen, muss man etwa im Französischen, Italienischen oder Russischen zu Umschreibungen wie «wilde Gegend» oder «Ödland» greifen. - NATURÜBERLASSENE GEBIETE
Wildnis im Sinne von grösseren, komplett unberührten Flächen gibt es in der Schweiz praktisch keine mehr. Immerhin machen die sogenannt «naturüberlassenen Gebiete» etwa ein Viertel des Landes aus. Genauer gesagt bestehen 21 Prozent der Schweizer Landesfläche aus alpinen Brachen (Gletscher, Hochgebirge), 3 Prozent aus unbewirtschafteten Wäldern und etwa ein halbes Prozent aus Auen. - WILDI
Es gibt in der Schweiz 18 Orte mit dem Flurnamen «Wildi»: zehn im Wallis, fünf im Kanton Bern, einen in Graubünden, einen im Kanton Glarus — und überraschenderweise auch einen im zürcherischen Schlieren. - WILDER ALS UNSERE ALPEN
Selbst in den slowakischen Karpaten, die viel wilder sind als unsere Alpen, gibt es nur noch ein einziges Tal ohne Strasse. Das sechzig Quadratkilometer grosse Gebiet im Tatra-Nationalpark ist seit mehr als vierzig Jahren praktisch unberührt — jedoch sind gerade dieses Jahr wieder Diskussionen über einen möglichen Strassenbau aufgeflackert. - ER WÄCHST UND WÄCHST
Er wächst und wächst: In den letzten 150 Jahren hat die Waldfläche in der Schweiz um etwa ein Drittel zugenommen. Besonders stark wächst der Wald in den Südalpen — dort dauert es an günstigen Lagen weniger als fünfzehn Jahre, bis aus einer Weide ein dichter Wald geworden ist. Als einziger Kanton ist heute das Tessin zu mehr als der Hälfte von Wald bedeckt. - NICHT NUR EINE GUTE NACHRICHT
Dies ist nicht nur eine gute Nachricht, ist doch der Wald, verglichen mit offenen Flächen, eher artenarm. Besonders unschön ist es, wenn aufgegebene Weideflächen grossflächig von einer Grünerlen-Monokultur überzogen werden, wie es derzeit beispielsweise im Urserental bei Andermatt geschieht. - EISZEIT
Während der letzten Eiszeit war die mitteleuropäische Tierwelt noch viel wilder als heute. Da gab es bei uns Mammuts, Saiga-Antilopen und Wollnashörner, aber auch grosse Raubtiere wie Hyänen, Vielfrasse, Leoparden, Säbelzahntiger und Löwen. - PHÄNOMEN SCHAKALE
Nicht nur Biber, Wolf und Bär kommen zurück: Auch der Elch breitet sich von Nordosten her wieder aus und hat bereits Bayern erreicht. Ausserdem wandern aus Südosten Schakale in unsere Richtung. Vor zwei Jahren wurde ein erstes Exemplar in der Schweiz gesichtet. Es handelt sich um ein neues Phänomen — Schakale haben nie zur hiesigen Fauna gehört. - NATUR-DEFIZIT-SYNDROM
Bei einer Umfrage in Deutschland wussten nur sechs Prozent der Schüler, dass man das Jungtier eines Hirschs «Kalb» nennt. Zu den häufigsten Antworten gehörten «Kitz», «Reh» oder sogar «Bambi». In den USA spricht man angesichts der zunehmenden Entfremdung der Kinder von der Wildnis bereits von einer neuen Störung: «Nature Deficit Disorder» — auf Deutsch «Natur-Defizit-Störung». - FETTE FISCHE
Nicht nur Käfer, Pilze und Säugetiere profitieren vom Wald. Wie eine neue Studie aus Kanada zeigt, sind auch Süsswasserfische auf intakte Wälder angewiesen — sie beziehen bis zu zwei Drittel ihrer Nahrung aus Blättern und Holzresten, die ins Wasser gelangen. Je mehr Wald einen See umgibt, desto fetter sind die Fische darin. - WILDNIS MACHT KREATIV
Wildnis macht kreativ — dies hat ein Experiment der amerikanischen Universität Kansas ergeben. Nach einer viertägigen Wanderung in der Natur ohne Handy und Laptop schnitten Menschen in einem Kreativitätstest im Schnitt um die Hälfte besser ab als vor der Wanderung. - ÄLTER ALS 120 JAHRE
In der Schweiz sind fast ein Viertel aller Bäume älter als 120 Jahre — das ist Europarekord. Natürlicherweise können Bäume allerdings bis zu 400 Jahre alt werden.