Rund einhundert Klimaaktivist:innen haben beim Kongresszentrum Palexpo in Genf friedlich mehrere Privatjets blockiert. Die Jets sind Teil der grössten europäischen Verkaufsmesse für Privatflugzeuge, der European Business Aviation Convention & Exhibition (EBACE). Die Aktivist:innen unterstützen Greenpeace, Stay Grounded, Extinction Rebellion, Scientist Rebellion und andere Klimagerechtigkeit-Gruppen aus 17 Ländern.
Die Klimaaktivist:innen fordern ein Verbot von Privatjets. Der Protest folgt auf eine Reihe von Aktionen gegen Privatjets in den vergangenen Monaten, etwa am Amsterdamer Flughafen Schiphol, dem zweitgrössten Flughafen in der EU, und den Protesten der Make-Them-Pay-Kampagne.
Die Aktivist:innen haben sich an Privatjets gekettet, die beim Business-Event neben dem Genfer Flughafen ausgestellt sind. Zudem blockieren sie den Haupteingang der Jet-Show, um potenzielle Käufer:innen am Betreten zu hindern. Die Aktivist:innen haben die Jets mit Warnhinweisen im Stil von Zigarettenschachteln beklebt, um sie als schädliche Produkte zu kennzeichnen: Privatjets zerstören unseren Planeten, verheizen unsere Zukunft und befeuern Ungleichheit. Die Aktivist:innen machen über Lautsprecher auf die dramatischen Folgen von Privatjets für unseren Planeten aufmerksam.
Statements: Alle fordern Stopp von Privatjets
Agnes Jezler, Expertin für sozioökonomische Transformation bei Greenpeace Schweiz, sagt: «Mit Ausnahme von Malta sind in Europa nirgendwo mehr Privatjets pro Einwohner unterwegs als in der Schweiz. Eine kleine Gruppe von Superreichen belastet das Klima und die Umwelt übermässig. Gleichzeitig leidet der ärmste Teil der Weltbevölkerung am stärksten unter der Klimakrise. Bund, Kantone und Flughäfen müssen Verantwortung übernehmen. Der Amsterdamer Flughafen Schiphol macht es vor. Er will ab 2025 Privatjets verbieten.»
Klara Maria Schenk, Verkehrsexpertin für die Greenpeace-Kampagne Mobility for All, sagt: «Seit über 20 Jahren lassen Europas Superreiche auf der EBACE hinter verschlossenen Türen die Champagnerkorken knallen, während sie die neuesten klimazerstörerischen Privatjets kaufen. Der Verkauf von Privatjets schiesst dramatisch in die Höhe und mit ihm explodieren auch die gigantischen Emissionen der Superreichen, die die Klimakrise massiv anheizen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik dieser ungerechten und exzessiven Umweltverschmutzung ein Ende setzt und Privatjets verbietet.»
Mira Kapfinger, Campaignerin für Stay Grounded, einem Netzwerk mit mehr als 200 Mitgliedsorganisationen, sagt: «Während viele Menschen sich Essen und Miete nicht mehr leisten können, zerstören die Superreichen unseren Planeten. Damit muss endlich Schluss sein. Neben einem Verbot von Privatjets müssen endlich auch Vielfliegerprogramme abgeschafft und stattdessen diejenigen besteuert werden, die am meisten ins Flugzeug steigen. Wir brauchen endlich faire Klimalösungen.»
Cordula Market, Sprecherin von Scientist Rebellion Deutschland, sagt: «Wir befinden uns in einem Klimanotstand. Deshalb ist es nicht länger hinnehmbar, dass sich die Superreichen auf Veranstaltungen wie EBACE zur Schau stellen und weiterhin ihre Privatjets zu ihrem eigenen Vorteil kaufen und fliegen, während wir wissen, dass dies die Flammen des Klimazusammenbruchs anheizt und uns alle bedroht. Damit muss endlich Schluss sein. Deshalb haben sich Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen aus ganz Europa in Genf zusammengetan, um gegen diesen Wahnsinn vorzugehen.»
Joël Perret, Sprecher von Extinction Rebellion Genève, sagt: «Genf beherbergt einen der Flughäfen mit dem meisten Privatjetverkehr in Europa. Genf muss zur Heimat des Wandels werden: Wir müssen den Flugverkehr drastisch reduzieren, um die Klimazerstörung zu stoppen, und wir müssen Privatjets jetzt verbieten.»
Höchststand bei Verkäufen und schädlichen Emissionen
Der Verkauf von Privatjets erreicht in diesem Jahr voraussichtlich einen Höchststand. Einem kürzlich veröffentlichten Bericht zufolge hat sich die weltweite Flotte von Privatjets in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Die Flugbranchen-Organisation Gama schätzt den Wert der in den letzten zehn Jahren verkauften Privatflugzeuge auf rund 241 Milliarden US-Dollar. Das entspricht knapp dreimal so viel, wie der Bund in einem Jahr ausgibt.
Studien zufolge produzieren Privatflüge pro Passagierkilometer etwa das Zehnfache an CO2 von kommerziellen Flügen. Sie verursachen unverhältnismässig hohe Mengen an Mikropartikelverschmutzung und Lärm – zum Schaden unserer Gesundheit, unseres Wohlbefindens, der Umwelt und des Klimas.
Laut einer von Greenpeace Zentral- und Osteuropa in Auftrag gegebenen Studie erreichten die CO2-Emissionen von Privatjets in Europa in den vergangenen Jahren Höchstwerte.
Während die Reichen auf die umweltschädlichste Art der Welt zu reisen zurückgreifen, sind laut dem CEO von Boeing rund 80 Prozent der Weltbevölkerung noch nie geflogen. Sie tragen jedoch die Hauptlast der Klimakrise. Gemäss einer Oxfam-Studie sind zum Beispiel jedes Jahr 20 Millionen Menschen durch extreme Wetterverhältnisse gezwungen, ihre Häuser zu verlassen.
Privatjets nicht reguliert
Privatjets und andere Luxus-Emissionen werden in Europa nicht reguliert. Sie sind von wichtigen EU-Vorschriften, die Treibhausgasemissionen senken sollen, weitgehend ausgeschlossen.
Die EBACE in Genf ist eines der weltweit grössten Treffen von Interessenvertreter:innen der privaten Luftfahrt. Organisatorinnen sind die europäischen und amerikanischen Privatjet-Interessengruppierungen EBAA und NBAA. Rund die Hälfte der über 10’000 Besucher:innen besitzt oder betreibt ein Flugzeug.
Hinweis: Keine Störung des Flugbetriebs Die Aktivist:innen haben sich entschieden, zu keiner Zeit die Rollbahnen oder Start- und Landebahnen zu betreten oder zu überqueren. Sie benutzen lediglich die Zufahrtswege. Der sichere Flugbetrieb wird in keiner Weise beeinträchtigt. Die Flughafenbehörden (Flugsicherung und Polizei) wurden von den Aktivist:innen zu Beginn der Aktion informiert. Die Aktivist:innen stehen in ständigem Kontakt mit ihnen, um jede gefährliche Situation oder Fehlinterpretation des Ausmasses und des Zwecks der laufenden Aktion auszuschliessen.
Weiterführende Informationen
Medienbriefing der Klimabewegung zur privaten Luftfahrt.