Das Geschäftsmodell der Ultra-Fast-Fashion-Marke SHEIN basiert auf gefährlichen Chemikalien und Umweltzerstörung. Das zeigt ein neuer Bericht von Greenpeace Deutschland. Produkttests von 47 SHEIN-Produkten ergaben, dass sieben von ihnen (15%) gefährliche Chemikalien enthielten, die gegen die EU-Grenzwerte verstossen, während den Tests zufolge insgesamt 15 der Produkte gefährliche Chemikalien in besorgniserregenden Mengen enthalten (32%).
Das solltest du über SHEIN wissen
Greenpeace Deutschland kaufte 42 Artikel, darunter Kleidungsstücke und Schuhe für Männer, Frauen, Kinder und Kleinkinder, von SHEIN-Websites in der Schweiz, Österreich, Deutschland, Italien und Spanien sowie fünf Artikel in einem Pop-up-Store in München. Die Produkte wurden zur chemischen Analyse an das unabhängige Labor BUI geschickt.
Die Ergebnisse zeigen unter anderem einen sehr hohen Gehalt an Phthalaten in Schuhen und Formaldehyd in einem Kleid für ein kleines Mädchen. Diese Ergebnisse zeigen den sorglosen Umgang von SHEIN mit den Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die mit der Verwendung gefährlicher Chemikalien verbunden sind, und das Streben nach Profit. Schlimmer noch, der Bericht stellt fest: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Nanjing, China, verstösst gegen die EU-Umweltvorschriften für Chemikalien und gefährdet die Gesundheit der Kund:innen und der Arbeiter:innen bei den Zulieferern, die die Produkte produzieren.
In den letzten Jahren ist SHEIN exponentiell gewachsen, indem es täglich Tausende neuer Designs über soziale Medien an Jugendliche und sogar Kinder vermarktet. In weniger als einer Woche produziert es diese dann mit einem Netzwerk von bis zu Tausenden von Zulieferern in China. Damit unterbietet SHEIN sogar seine Konkurrenten mit der Geschwindigkeit seiner Produktion und mit seinen extrem billigen, minderwertigen Wegwerfprodukten. Das neue Geschäftsmodell der Ultra-Fast-Fashion treibt den Überkonsum und die Ausbeutung auf die Spitze.
Die EU-Verordnungen über gefährliche Chemikalien in importierten Produkten legen im Rahmen der REACH-Verordnung strenge Konzentrationsgrenzwerte für eine Reihe von gefährlichen Stoffen in Kleidung, Accessoires und Schuhen fest, die in Europa verkauft werden. Ein Schlupfloch, durch das importierte Produkte von diesen Anforderungen ausgenommen waren, wurde geschlossen, nachdem die Greenpeace-Kampagne Detox My Fashion gezeigt hatte, dass die Verwendung gefährlicher Chemikalien durch Textillieferanten in Ländern des Globalen Südens auch in der EU zu Wasserverschmutzung führt. Gefährliche Chemikalien in Kleidung sind auch ein grosses Hindernis für das Textilrecycling.
«Greenpeace fordert, dass die EU ihre Gesetze zu gefährlichen Chemikalien durchsetzt – eine Grundvoraussetzung für die Verwirklichung einer kreislauforientierten Textilwirtschaft und das Ende von Fast Fashion, wie in der EU-Strategie für Textilien dargelegt», so Viola Wohlgemuth, Campaignerin für Giftstoffe und Kreislaufwirtschaft bei Greenpeace Deutschland. «Die Vorschläge der EU müssen sich aber auch mit dem unmenschlichen System der Ausbeutung und Zerstörung durch Ultra-Fast-Fashion befassen, das in keiner Branche des 21. Jahrhunderts Platz haben sollte. Die Unternehmen müssen in vollem Umfang für die ökologische und soziale Ausbeutung in ihren Lieferketten und die Auswirkungen von Modeabfällen verantwortlich gemacht werden. Dies muss auch dringend durch ein globales Abkommen angegangen werden, ähnlich wie das kürzlich vereinbarte UNEA-Plastikabkommen, das derzeit diskutiert wird, um den riesigen Fussabdruck der Mode endlich in den Griff zu bekommen», sagte Wohlgemuth.
Das Geschäftsmodell der Fast Fashion ist berüchtigt für die riesigen Mengen an Kleidung, die auf Erdölbasis hergestellt werden, für die Geschwindigkeit, mit der sie auf den Markt gebracht werden, und für Geschichten über riesige ökologische und soziale Auswirkungen. Branchenangaben zufolge werden weniger als 1 % der Textilien aus Alttextilien hergestellt, aber jede Sekunde landet eine LKW-Ladung Textilien auf Mülldeponien oder wird verbrannt. Das sichtbarste dieser Probleme ist die riesige Menge an umweltschädlichem Textilabfall, der zunehmend nach Ostafrika und in andere Länder des globalen Südens verschifft wird, wie Greenpeace Deutschland kürzlich berichtete.
Diese jüngste Entwicklung der Fast Fashion zwingt die Zulieferer zu halsbrecherischen Liefergeschwindigkeiten. Bestellungen werden dabei dreimal so schnell wie bei der Konkurrentin Zara aufgegeben – und per Luftfracht direkt an die Kund:innen in aller Welt geliefert. Greenpeace Deutschland stellt in seinem Bericht fest, dass das Geschäftsmodell von SHEIN auf der mangelnden Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmer:innen und Kund:innen beruht, da das Unternehmen regelmässig gegen Vorschriften verstösst.