Beim Ausbau der Solarenergie ist die Schweiz im Schneckentempo unterwegs. Machen wir weiter so, verpassen wir unsere Klimaschutzziele und gefährden eine sichere Versorgung mit Strom. Darum muss die Schweiz einen Solar-Sprint hinlegen. Ein schnellerer Ausbau der Solarenergie ist zentral für mehr Klimaschutz und die Versorgungssicherheit in unserem Land. Dafür braucht es weder neue Gaskraftwerke noch längere Laufzeiten für die bestehenden Atomkraftwerke – und schon gar keinen Ausbau der Atomenergie. 

Das Ziel ist gesetzt: Wir müssen unsere Treibhausgasemissionen auf netto Null absenken, um die Klimakrise zu lösen. Wollen wir dieses Ziel tatsächlich erreichen, kommen wir nicht darum herum, unsere Energieversorgung neu zu gestalten. Derzeit sind wir noch viel zu abhängig von fossilen Brennstoffen, die die Klimakrise befeuern, und von uralten Atomkraftwerken, die zu einem zu grossen Risiko für die Schweiz geworden sind. 

Der Bundesrat hat in den Energieperspektiven 2050+ und in der darauf basierenden langfristigen Klimastrategie aufgezeigt, wie er das zu erreichen gedenkt. Doch diese Pläne haben einen grossen Schwachpunkt: Die Menge an Treibhausgasemissionen, welche bis 2050 innerhalb der Schweiz noch verursacht würde, ist viel zu hoch. Das für die Schweiz verbleibende CO2-Budget würde damit massiv überschritten. Das CO2-Budget drückt in Zahlen aus, wie viel CO2 ein Land noch höchstens ausstossen kann, um seinen Beitrag an eine maximale globale Erwärmung von 1,5 Grad zu leisten. Überzieht die Schweiz ihr CO2-Budget, ist sie nicht auf 1,5-Grad-Kurs.  

Das CO2-Budget ist keine Erfindung von Umweltorganisationen wie Greenpeace, vielmehr ist es ein Wert, der den physikalischen Zusammenhang von CO2-Anreicherung in der Atmosphäre und der steigenden Temperatur aufzeigt. Der Weltklimarat IPCC hat in seinem neuesten Sachstandsbericht den Wert aktualisiert. Leider haben viele Menschen noch nie vom CO2-Budget gehört. Im Gegensatz zum Bundesrat, der die Berichte des Weltklimarats und das verbleibende CO2-Budget für die Schweiz bestens kennt – aber trotzdem nicht entsprechend darauf reagiert. So gibt es bislang für die Schweiz kein einziges Gesamtenergieszenario, das basierend auf den vorhandenen wissenschaftlichen Fakten zeigt, wie die Klimakrise effektiv gelöst werden kann. 

Das sind beunruhigende Nachrichten. 

Um diese Lücke zu schliessen, hat Greenpeace Schweiz von Expert:innen mit langjähriger Erfahrung ein Energieszenario erstellen lassen, um angebrachte Wege für die Energiewende aufzeigen zu können. Das Szenario zeigt:

  • Die Schweiz kann das verbleibende CO2-Budget einhalten – ohne die Biodiversität zu gefährden und die Atomrisiken weiter zu steigern. 
  • Eine atomstrom- und CO2-freie Energieversorgung hierzulande ist erschwinglich. 

Das sind gute Nachrichten. 

Der Schlüssel: Wir müssen das Solar-Ausbautempo kräftig erhöhen

Eine sichere und klimaverträgliche Energieversorgung ohne Atom in der Schweiz ist möglich, wenn wir

  • die Photovoltaik gewaltig ausbauen, und zwar schon in den nächsten Jahren,   
  • sowie die Energieeffizenz steigern und Energie einsparen. 

Wir müssen also einen Solar-Sprint hinlegen. Die Schweiz hat den Ausbau der erneuerbaren Energien jahrelang verschlafen und liegt beim Solarausbau im EU-Vergleich auf den hintersten Plätzen.

Dann also los! Aufwärmen war gestern, jetzt setzen wir zur Aufholjagd an. Mit einem Solar-Sprint können wir zusammen mit der bestehenden Wasserkraft eine Energieversorgung aufbauen, die unabhängiger und sicherer ist als heute. 

Im internationalen Vergleich des Solarausbaus hinkt die Schweiz klar hinterher.

Der Ball liegt jetzt beim Ständerat 

Die laufende Beratung zur Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes bietet jetzt die Chance, die Weichen für mehr Klimaschutz und eine verbesserte Stromversorgungssicherheit zu stellen: Das Ausbauziel für die Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien, Artikel 2 des Energiegesetzes, muss deutlich höher gesetzt werden als vom Bundesrat vorgeschlagen. Wir fordern: Bis im Jahr 2035 sollen mindestens 38 Terawattstunden (TWh), anstatt der vorgesehenen 17 TWh, aus neuen erneuerbaren Energien  – vornehmlich Photovoltaik – stammen. 

Damit der grosse inländische Ausbau der Photovoltaik möglich wird, gilt es ein Umfeld zu schaffen, das massive Investitionen ermöglicht. Alle die können, sollen in Solarenergie investieren, die Dächer unserer Häuser und unsere Infrastrukturbauten bieten grosses Potenzial für mehr Sonnenkraft. Auch unsere Elektrizitätswerke müssen mitziehen und statt wie bisher im Ausland, jetzt in der Schweiz in erneuerbare Energien investieren.

Ein starker Ausbau der Photovoltaik braucht auch Investitionen in Batteriespeicher: Um die Einspeisung des Solarstroms ins Stromnetz regulieren zu können und um kurzfristige Überschüsse für Zeiten ohne Sonne zu speichern. Die grossen Stromüberschüsse im Sommer brauchen wir, um Wasserstoff herzustellen, der entweder direkt genutzt oder zu Methan oder Methanol synthetisiert wird. Diese erneuerbaren Energieträger benötigen wir, um den Ersatz fossiler Energieträger im Schwer- und Flugverkehr sowie in industriellen Prozessen voranzutreiben.

Das Trio der sicheren und klimaverträglichen Energieversorgung heisst also: Solarenergie, Wasserkraft und Wasserstoff. 

Jetzt den Ständerat zum Solar-Sprint auffordern

Wir haben bereits Kontakt mit Ständerät:innen aufgenommen, um ihnen darzulegen, wie die Schweiz mit einem schnelleren Ausbau der Photovoltaik ihre Energieversorgung klimaverträglich ausgestalten und die inländische Stromversorgungssicherheit erhöhen kann. Hilft mit, die Politiker:innen von den Vorteilen der Photovoltaik zu überzeugen und feuere die Ständerät:innen auf ihrem Solar-Sprint an. Unterzeichne die Petition: 


Fragen und Antworten

Brauchst du ein paar gute Argumente, warum die Energiezukunft in der Schweiz mehr Photovoltaik braucht – und nicht etwa Atomenergie? Wir liefern dir hier die Antworten auf die 5 drängendsten Fragen: 

Was zeigt das neue Energieszenario von Greenpeace Schweiz genau auf?

Ein schnellerer Ausbau der Photovoltaik ist der Schlüssel für eine klimakompatible Energieversorgung und die Erhöhung der inländischen Stromversorgungssicherheit in der Schweiz. Es ist möglich, doch wir müssen uns sputen!

Derzeit ist oft zu hören, der Schweiz drohe eine Stromlücke. Warum?

Im Kampf gegen die Klimakrise ist es wichtig, dass wir die Elektrifizierung im Verkehr, in der Industrie und bei den Haushalten vorantreiben. Damit erhöht sich unser Strombedarf. Gleichzeitig ist die Schweiz schon seit Jahrzehnten als integriertes Land im europäischen Stromverbund auf netto Stromimporte im Winter angewiesen (in einzelnen Jahren fehlen bisher bis zu 10 TWh im Winter). Mit dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU befürchten nun einige Menschen, dass die Möglichkeit der Stromimporte ab 2025 eingeschränkt werden könnte. Darum rufen nun viele nach einer Verringerung der Abhängigkeit von Stromimporten durch den Ausbau einer inländischen Stromproduktion. Das Greenpeace-Energieszenario zeigt, dass die Photovoltaik dafür sehr geeignet ist.

Wird es in der Schweiz tatsächlich zu einem Strommangel kommen?

Wir erachten es als unwahrscheinlich, dass die Nachbarländer eine Strommangellage in der Schweiz riskieren, denn eine solche Lage würde auch die Stromversorgung in den eigenen Ländern gefährden. Zudem hat es für alle Länder Vorteile, wenn sie im Verbund bleiben, denn der Ausgleich von Produktion und Verbrauch gelingt besser in grösseren Verbunden und die Schweiz ist für den Verbund mit 41 Stromnetz-Verbindungen in die angrenzende Länder sehr relevant.

Um die Versorgungssicherheit gegenüber heute zu vergrössern, plädiert Greenpeace Schweiz auf Basis ihres neuen Energieszenarios für einen raschen und starken Ausbau der Photovoltaik. Mit dem in der Studie angestrebten Strommix wird die Stromversorgung besser gegen allfällige Strommangellagen und Blackouts abgesichert als heute. Das unterstreichen die Analysen zur Stromnetzstabilität und die realitätsgetreue Modellierung der Stromversorgungssituation. Dabei wird deutlich: Je schneller der Ausbau der Photovoltaik erfolgt, desto früher können die seit Jahren auftretenden Stromversorgungsdefizite im Winter reduziert werden. Bei einem Vollausbau der Photovoltaik im Jahr 2050 besteht gar kein Winterdefizit mehr.

Wäre es nicht einfacher, die Laufzeiten unserer Atomkraftwerke zu verlängern und die Atomenergie auszubauen? 

Im neuen Greenpeace-Energieszenario rechnen wir mit 45 Jahren Laufzeit für die Atomkraftwerke (AKW) in der Schweiz, das letzte AKW wird im Jahr 2029 vom Netz genommen. Der Bund jedoch rechnet in seinen Energieszenarien mit Laufzeiten von 50 bis 60 Jahren. Aus unserer Sicht ist das verantwortungslos, denn die Risiken der Atomenergie steigen mit dem Alter der Kraftwerke. Sie sind zudem auf den europäischen Stromverbund angewiesen, weil es riesige Kapazitäten braucht, um unvorhergesehene Ausfälle (die immer wieder vorkommen) abzusichern. Nach der Abschaltung bleiben Unmengen von radioaktiven Atomabfällen übrig, die die Umwelt für Tausende von Jahren weiter belasten. Für deren Lagerung gibt es auf der ganzen Welt keine Lösung. Darum sind längere Laufzeiten keine Option. 

Auch neue Atomkraftwerke braucht die Schweiz nicht. So hat unser Land klar den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Davon abgesehen, sind neue AKW weder wirtschaftlich noch ökologisch tragbar. Und sie könnten nicht schnell genug gebaut werden, um die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz rechtzeitig zu erhöhen. Von der Planung zum Bau bis zur Betriebsaufnahme eines neuen Atomkraftwerkes können gut 20 Jahre vergehen, das zeigen Beispiele aus dem Ausland. Zudem sind die Kosten dafür exorbitant. 

Auch der Bund schreibt auf seiner Website (19. Januar 2022): «Aufgrund der stark gestiegenen Anforderungen an die Sicherheit und der komplexen Verfahren zum Bau solcher Anlagen, können neue Kernkraftwerke in Europa unter marktwirtschaftlichen Bedingungen kaum mehr gebaut werden. Wegen der hohen Investitionskosten sind neue Kernkraftwerke derzeit weder rentabel noch wettbewerbsfähig: Das britische Kernkraftwerk Hinkley Point C kann nur dank staatlicher Bürgschaften für Darlehen und hoher Subventionen erstellt werden. Dem Werk wurde für 35 Jahre ein garantierter Abnahmepreis zugestanden, der weit über dem Grosshandelspreis liegt. Die Baukosten werden auf umgerechnet rund 31 Milliarden Franken geschätzt. Die Baukosten der neuen Druckwasserreaktoren in Finnland und Frankreich sind ebenfalls sehr hoch und haben sich stetig verteuert. Inzwischen belaufen sie sich auf umgerechnet rund 11 Mrd. Franken pro Werk. Die Stromproduktion wird entsprechend teuer. Ausserdem ist die sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle noch nicht gelöst.»

Viel sicherer, effizienter, kostengünstiger und ökologischer ist es deshalb, die Photovoltaik in der Schweiz rasch auszubauen und auf erneuerbare Energien zu setzen. 

Warum lösen wir unser Stromversorgungsproblem nicht mit grossen Gaskraftwerken?

Gas ist ein fossiler Brennstoff. Wollen wir wirklich die Klimakrise in den Griff bekommen, müssen wir so schnell als möglich unseren Verbrauch von fossilen Energien reduzieren und schliesslich ganz darauf verzichten. Setzt die Schweiz zudem auf Gas, erhöhen wir bei der Stromversorgung unsere Abhängigkeit vom Ausland. Denn bezüglich Erdgasversorgung sind wir vollumfänglich auf Importe aus Ländern wie Russland angewiesen.