Beim Bewilligungsverfahren für das Atommüllager Würenlingen mag sich das Bundesamt für Energiewirtschaft bloss noch dunkel an die Fakten erinnern. Dies geht aus den Stellungnahmen des Bundesamtes hervor. Pikant: Der mit veralteten Fakten irregeleitete Nationalrat soll nun damit befriedigt werden, dass es sich bei der Differenzen zwischen Rahmenbewilligung und Bau- und Betriebsbewilligung um Fragen der Detailplanung handle. In dieser werden allerdings zentrale Bedingungen, die an die Rahmenbewilligung des Bundes geknüpft waren, nicht erfüllt. Wird das Verfahren nicht neu aufgerollt, hat das Parlament nichts mehr dazu zu sagen.

Zürich. Die Stellungnahme des Bundesamtes für Energiewirtschaft, das nun seine Hand schützend über seinen früheren Chef Adolf Ogi hält, kam spät und verschämt daher. Die Kommission für die Sicherheit von Atomanlagen (KSA) habe ihre Hauptarbeit erst im vergangenen Jahr geleistet und der damals zuständige Bundesrat Adolf Ogi habe folglich 1994, als der Nationalrat das Projekt behandelte, noch keine Kenntnis haben können über die Differenzen zwischen der Botschaft des Bundesrates und dem effektiven Projekt der Zwischenlager Würenlingen AG. Das ist nachweislich falsch. Am 23. Juni 1993 hat der Bundesrat die Rahmenbewilligung für ein <<zentrales Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Würenlingen>> erteilt. Dieser Entscheid ist am 17. März 1994 vom Ständerat und am 6. Oktober 1994 auch vom Nationalrat gutgeheissen worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Zwischenlager Würenlingen AG (Zwilag) beim Bundesrat längst – nämlich 14 Monate zuvor – ein Gesuch um Erteilung einer Bau- und Betriebsbewilligung deponiert. Das Verfahren entbehrt nicht einer gewissen Eleganz: Das Gesuch um eine Bau- und Betriebsbewilligung, in dem die kritischen Modifikationen bereits enthalten sind, reichte die Zwilag nicht einmal einen Monat nachdem der Bundesrat die Rahmenbewilligung erteilt hatte, ein. Schon am 22. September 1994 – also zwei Wochen, bevor das Rahmenbewilligungsgesuch im Nationalrat behandelt wurde – wies die Eidgenössische Kommission für die Sicherheit von Atomanlagen (KSA) das Bundesamt für Energiewirtschaft darauf hin, dass das jetzt vorliegende Projekt in wesentlichen Punkten nicht mit dem Rahmenbewilligungsgesuch und nicht mit der Bundesrätlichen Botschaft an das Parlament übereinstimme. Die KSA kritisierte in ihrem Schreiben an das BEW insbesondere das Fehlen einer Alpha-Box zur Behandlung von radioaktiven Abfällen aus Medizin, Industrie und Forschung. Zudem werden zentrale Auflagen, die der Bundesrat an die Erteilung der Rahmenbewilligung geknüpft hatte, nicht erfüllt: Konkrete Vorschläge zur Konditionierung der Abfälle aus dem Versuchsreaktor Lucens fehlen. Das bundeseigene Paul-Scherrer-Institut, dessen Konditionierungsanlagen veraltet sind, wird kaum entlastet. Die Verwendung des zusammen mit der Rahmenbewilligung gesprochenen Investitionskredits von 30 Millionen Franken ist unklar. Alle diese Projektänderungen waren dem BEW bekannt, der damalige Energieminister, Bundesrat Adolf Ogi, fand es jedoch nicht für nötig, das Parlament darüber zu informieren. Greenpeace fordert, dass die Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren sistiert und die Gesuche neu den eidgenössischen Räten vorgelegt werden.

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Stefan Füglister, Koordinator der Anti-Atom-Kampagne, 01 / 447 41 24