Als einen «Meilenstein» in der Auseinandersetzung um die Freisetzung gentechnisch manipulierter Pflanzen bewertet Greenpeace die gestrige Ankündigung von Frankreichs Premierminister Lionel Jospin, dass Frankreich in den nächsten zwei Jahren keine Zulassungen für gentechnisch veränderten Raps und Zuckerrüben erteilen wird.
Hamburg. Damit wird es auch in Deutschland vor
dem Jahr 2000 nicht zu einem kommerziellen Anbau von Genraps
kommen. Für den deutschen Gentechnikmulti Hoechst-AgrEvo ist dies
ein herber Rückschlag, da er schon im nächsten Jahr gentechnisch
veränderte Sorten in Deutschland vermarkten wollte. Frankreich hat
die Zulassung von genveränderten Raps- und Zuckerrübenpflanzen
zurückgestellt, weil diese Pflanzen sich auch mit Wildpflanzen
kreuzen können. «Gentechnisch veränderte Pflanzen sind nicht
kontrollierbar. Einmal in die Umwelt entlassen, sind sie nie wieder
unter Kontrolle zu bekommen», sagt Jan van Aken, Gentechnik-Experte
von Greenpeace. «Mit Frankreich hat erstmals ein grosses
europäisches Land den Risiken der Gentechnik Rechnung getragen und
der unkontrollierten Ausbreitung genmanipulierter Pflanzen einen
Riegel vorgeschoben. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dem
Beispiel Frankreichs anzuschliessen und ebenfalls ein Moratorium zu
verhängen.» Direkte Auswirkungen hat die Entscheidung auf eine
genveränderte Rapslinie der Firma Hoechst-AgrEvo, die bislang im
Zulassungsprozess am weitesten fortgeschritten war und schon im
Herbst 1999 grossflächig auf deutschen Äckern angebaut werden
sollte. Das europäische Zulassungsverfahren für Gentechnikpflanzen
sieht vor, dass der Antrag auf Zulassung in einem EU-Mitgliedsland
gestellt und bearbeitet wird. Nach Konsultationen aller anderen
EU-Länder muss dieses Land die abschliessende Genehmigung erteilen.
Die Rapslinie von Hoechst-AgrEvo wurde urspruenglich in Frankreich
angemeldet. Nachdem bereits im Juli letzten Jahres alle EU-Länder
und die EU-Kommission der Zulassung zugestimmt hatten, fehlt jetzt
nur noch die Unterschrift Frankreichs unter das Zulassungsdokument.
Das gestern verkündete Moratorium bedeutet, dass diese Unterschrift
vor dem Jahr 2000 nicht erteilt wird. Hoechst-AgrEvo hat
theoretisch jetzt die Möglichkeit, den Zulassungsprozess über ein
anderes EU-Land ganz von vorn zu beginnen – ein Prozess, der ein
bis zwei Jahre dauert. Möglicherweise könnte Hoechst-AgrEvo auch
über den Klageweg versuchen, eine Unterschrift Frankreichs unter
das Dokument zu erzwingen. Da dieser Fall bislang einzigartig in
Europa ist, gibt es bislang jedoch keine Erfahrungen mit einem
solchen Klageweg. Der Raps hat sein Ursprungsgebiet in Europa und
verfügt daher in unseren Regionen über eine breite Vielfalt von
Verwandten. Das macht die grossflächige Anpflanzungen besonders
gefährlich, denn genmanipulierter Raps kann sich mit wilden
Verwandten kreuzen. Dabei können Pflanzen entstehen, die die
Unkrauteigenschaften der Wildpflanze mit der Giftunempfindlichkeit
des Genraps kombinieren. In Schottland wurde nachgewiesen, dass
genmanipulierter Raps andere Pflanzen bis in eine Entfernung von
2,5 Kilometer befruchtete.
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Greenpeace Deutschland