Ist das «Schweizer Fleisch» wirklich so schweizerisch, wie man denkt?
Das ist die Frage, die wir in diesem Jahr beantworten wollten. Im Februar veröffentlichten wir den Bericht «Der Futtermittel-Schwindel«, um die Abhängigkeit des Vieh Sektors von Futtermittelimporten aufzuzeigen. Wenn Nutztiere mit importiertem Futter gefüttert werden, kann man dann noch von Schweizer Fleisch sprechen? Und, was noch wichtiger ist, wie können wir es rechtfertigen, dass unsere Steuergelder dieses für das Klima und die biologische Vielfalt schädliche System weiterhin finanzieren?
In dem Bericht wird auf die doppelte Umweltbelastung durch Futtermittelimporte hingewiesen. In den Erzeugerländern (vor allem in Brasilien) wird der Natur Land entzogen, um es intensiv zu bewirtschaften, was den Böden, dem Klima und der Artenvielfalt schadet. In der Schweiz können durch die Einfuhr dieses Futters mehr Tiere in den Betrieben gehalten werden als mit heimischem Futter allein gefüttert werden könnten. Dies führt zu einer Überdüngung wertvoller Ökosysteme mit Ammoniak, aber auch zu Emissionen von Methan und Distickstoffoxid, Treibhausgasen, deren Auswirkungen auf das Klima weitaus verheerender sind als die von CO2. Hinzu kommt der jährliche Export von 25.000 Tonnen Gülle in die Nachbarländer.
Um die so gewonnenen tierischen Produkte zu verkaufen, gibt der Bund Geld für das vom Bundesamt für Landwirtschaft eingerichtete Absatzförderungssystem aus. Die Ausgaben für die Förderung von tierischen Erzeugnissen sind fast fünfmal so hoch wie für pflanzliche Erzeugnisse (39 Mio. CHF und 8 Mio. CHF). Das bedeutet, dass der massive Verbrauch von tierischen Erzeugnissen, deren Erzeugung weitgehend von importierten Futtermitteln abhängig ist – insbesondere für Schweine und Geflügel –, mit öffentlichen Geldern unterstützt wird. Ist dies wirklich mit den erklärten Zielen der Schweiz in Bezug auf Klimaschutz und Biodiversität vereinbar? Offensichtlich nicht!
Betrug auf dem Rücken der Verbraucher
Das Schlimmste ist, dass dies eine Täuschung ist, die auch die Verbraucher betrifft. Die Botschaften, mit denen für Schweizer Tierprodukte geworben wird, betonen, dass der Kauf lokaler Produkte zu einer nachhaltigen Ernährung und zum Schutz der Umwelt beiträgt. In Anbetracht der Auswirkungen der Futtermittelimporte können wir jedoch feststellen, dass dies nicht zutrifft. Die Verbraucher werden doppelt betrogen. Diese Produkte werden nicht nur als nachhaltig dargestellt, sondern man fragt sich angesichts der Menge des importierten Futters, wie «schweizerisch» die davon gefütterten Tiere und somit auch die tierischen Nahrungsmittelprodukte noch sind.
Wir haben daher eine Petition an das Parlament gestartet, die fordert, dass die Irreführung der Verbraucher mit öffentlichen Geldern gestoppt wird. Heute überreichen wir dem Parlament die Petition mit 27.849 Unterschriften. Wir geben nicht auf und werden in den kommenden Monaten weiter an diesem Thema arbeiten.
Das Engagement der Schweiz für die Biodiversität und den Klimaschutz endet derzeit an der Tür der Agrarpolitik. Das muss sich ändern. Die Ablehnung der Agrarinitiativen im Juni darf nicht als Blankoscheck für die Beibehaltung des aktuellen Status quo in der Agrarpolitik verwendet werden. Der Zusammenbruch der biologischen Vielfalt und die globale Erwärmung können nicht warten. Wir müssen jetzt die Schweizer Landwirtschaft von morgen erfinden, damit sie sich an die globalen Veränderungen auf unserem Planeten anpassen kann.