Ein Team der internationalen Umweltorganisation Greenpeace hat heute damit begonnen, Messdaten über die radioaktive Strahlung rund um die Brennelementefabrik Tokaimura zu sammeln. In einer ersten Messreihe direkt am Zaun des Betriebsgelaendes wurde eine Strahlenintensität von 0,54 Mikrosievert pro Stunde festgestellt. Zum Vergleich: In Deutschland darf von atomaren Anlagen nicht mehr als 300 Mikrosievert Strahlung pro Jahr (!) ausgehen.
Hamburg/Tokaimura. Wir sind nicht hier, um Panik zu schueren, sagt Jan Rispens von Greenpeace Deutschland, Mitglied des internationalen Teams. «Aber wir misstrauen den Angaben der Betreiberfirma JCO und der Regierung.» In unmittelbarer Naehe der Atomanlage stehen – nur durch eine Strasse getrennt – Wohnhäuser. Die japanische Regierung hat bereits Entwarnung gegeben und die Bewohner in ihre Häuser zurückkehren lassen.Die japanische Nuklearindustrie hat in der Vergangenheit bereits mehrfach versucht, die Oeffentlichkeit über die Folgen von Unfällen zu täuschen. So war es 1995 im Schnellen Brüter von Monju zu einem schweren Unfall gekommen, durch den der Reaktor bis heute ausser Betrieb ist. Journalisten, die Einzelheiten über den Hergang erfahren wollten, erhielten Videoaufnahmen, auf denen das Ausmass der Zerstörung überhaupt nicht zu sehen war.Ausser der Messung von direkter Strahlung aus dem Unglücks-Gebäude von Tokaimura hat Greenpeace auch Bodenproben genommen, um festzustellen, ob bei der atomaren Kettenreaktion am letzten Donnerstag auch radioaktive Partikel in die Umwelt gelangten. Dies könnte eine dauerhafte Verseuchung der Region nordöstlich von Tokio bedeuten. Genaue Messergebnisse werden erst Mitte der Woche vorliegen.Das Misstrauen gegenüber Daten der Atomindustrie ist berechtigt, da sie kein Interesse daran hat, Einzelheiten von Stör- und Unfällen umfassend zu verbreiten. In Deutschland waren mehr als zehn Jahre kontaminierte Atomtransporte unterwegs, bevor zugegeben wurde, dass die Verseuchung der Behälter über den gesetzlichen Grenzwerten lag. Greenpeace bezweifelt, dass es einen Grenzwert für die Ungefährlichkeit radioaktiver Strahlung gibt und setzt sich daher für einen Ausstieg aus der Risikotechnologie ein.