Der VSE hat heute die Studie «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Ausstiegs der Schweiz aus der Kernenergie» vorgestellt. Die Schlussfolgerungen der Studie, wonach ein Ausstieg aus der Atomenergie Kosten von 40 Milliarden Franken verursachen würde ist aus mehreren Gründen zweifelhaft:
Zürich. 1.Die Autoren vertreten einen sehr einseitigen Risikobegriff: Während die zukünftigen Risiken für einen steigenden Gaspreis mit rund einem Drittel der gesamten Ausstiegskosten zu Buche schlagen,werden die wirtschaftlichen Risiken des AKW-Betriebs und der langfristigen Lagerung des Atommülls überhaupt nicht einbezogen. Dabei ist heute in keiner Weise sichergestellt, dass die Rückstellungen für die langfristig sichere und kontrollierbare Lagerung von Atommüll genügen. So sind beispielsweise die neusten Vorschläge der Kommission Wildi zur Lagerung von Atommüll noch nicht geldmässig beziffert worden. Damit werden die Resultate systematisch zugunsten der Atomenergie verfälscht.2.Die Auswirkungen der Strommarkt-Liberalisierung auf den Wert der schweizerischen AKW werden in fast karikierender Weise als allein positiv dargestellt. Dabei ist es eine Tatsache, dass durch den liberalisierten Markt die Produktionsanlagen, insbesondere die AKW eine erhebliche Wertminderung bis hin zum totalen Wertverlust erfahren. So haben in jüngster Zeit Eigentumsanteile des AKW Leibstadt mit Negativpreisen die Hand gewechselt, daraus lässt sich ein «Marktwert» für dieses AKW von minus 2 Milliarden Franken errechnen. Sogar die am billigsten produzierenden schweizerischen AKW, Gösgen und Beznau liegen mit ihren Gestehungskosten über den aktuellen Vertragstarifen für Grosskunden auf dem freien Markt (Bund, 21.2.00)3.Die Autoren gehen im Refernzszenario in unhaltbarer Weise von einer durchschnittlichen Betriebsdauer der AKW von über 50 Jahren aus. Dabei hat bis heute weltweit kaum ein AKW die Altersgrenze von 40 Jahren überschritten. Diese Annahme nimmt grosse Störfallrisiken in Kauf und vernachlässigt die Notwendigkeit von teuren Nachrüstungen gegen Ende Lebenszeit.Zur wissenschaftlichen Lauterkeit einer solchen ökonomischen Studie hätte es schliesslich gehört, wenn sich die Autoren mit den bisherigen Arbeiten zu dieser Frage vertraut gemacht hätten. Die vor vier Jahren durch die Umwelt- und Anti-AKW-Organisationen vorgestellte Studie «Ausstieg aus der Atomenergie innert zehn Jahren» ist jedoch schlicht ignoriert worden. Das zeugt von einem schlechten Stil sowohl der wissenschaftlichen als auch der politischen Diskussion.
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Ueli Müller, Atomkampagne Greenpeace Schweiz 01 447 41 23