Nach wie vor ist ungeklärt, ob MOX-Brennstoff im Reaktor des AKW Beznau von den Qualitätsfälschungen in der Herstellerfirma British Nuclear Fuel Ltd. (BNFL) betroffen ist. Vertreter der Beznau-Betreiberin NOK und der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) beteuern zwar, dass dies nicht der Fall sei. Greenpeace zweifelt nach den neusten Informationen aber am Wahrheitsgehalt dieser Versprechen. Greenpeace fordert eine restlose Aufklärung der Vorfälle und die Sistierung der Wiederaufarbeitung von Schweizer Atommüll in England.

Zürich. Eine Erklärung der britischen Energieministerin Helen Lidell lässt aufhorchen: Sie räumte vor wenigen Tagen in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage ein, BNFL habe alle Sicherheitsdaten der für die Schweiz bestimmten MOX-Lieferungen geprüft. Dabei sei eine Anomalie gefunden worden, welche eine Lieferung vom Februar 1997 betraf. Spätere Nachforschungen von BNFL und dem Kunden (!) hätten aber gezeigt, dass der Brennstoff die erforderten Spezifikationen aufgewiesen habe. Bei der Lieferung im Februar 1997 handelte es sich um Brennelemente für die Beznau-Betreiberin NOK. Wenig vertrauensbildend ist die Tatsache, dass ausgerechnet die angeklagte BNFL und die nahestehende NOK (Nordostschweizerische Kraftwerke AG) die fragwürdigen Daten überprüfte. Die beiden Firmen sind eng verfilzt. BNFLs erste MOX-Lieferung wurde 1994 in Beznau eingesetzt. Zusammen mit der NOK erarbeitete BNFL die – seit 1996 Fälschungen unterworfenen – «Spezifikations- und Qualitätsprogramme» für die MOX-Elemente. Der Bericht der englischen Sicherheitsbehörde NII (Nuclear Installation Inspectorate) geht nicht im Detail auf MOX-Lieferungen in die Schweiz ein, hebt aber hervor, dass die Untersuchung noch nicht abgeschlossen sei und auch die Suche nach andern möglichen Fälschungsmethoden einschliesse. Neuesten Pressemeldungen zufolge befürchtet man nun auch im Deutschland von den Qualitätsfälschungen betroffen zu sein. Das Umweltministerium in Niedersachsen zeigt sich beunruhigt. Ganz anders in der Schweiz: Nach wie vor wird nicht informiert und unklar bleibt bis heute, um welche Form einer Anomalie es sich im Falle Beznau handelte, welche Resultate die Nachforschungen ergaben und ob der Einsatz von Brennstoff mit gefälschten Sicherheitsprüfungen ganz einfach als unbedenklich erklärt wurde. Greenpeace fordert die Beznau-Betreiber und die HSK auf, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen und den künftigen Einsatz gefährlicher MOX-Brennelemente zu unterlassen. Jahrelang verteidigte der Bundesrat und das Bundesamt für Enerige die Geschäfte mit der Wiederaufarbeitungsfirma BNFL in Sellafield. Nun zeigt der Bericht der englischen Sicherheitsbehörde, dass neben den Fälschungen der gesamte Industriekomplex der BNFL unter riesigen Sicherheitsdefiziten leidet und schlampig geführt wird. Die Umweltorganisation Greenpeace ist längst nicht mehr allein, wenn sie die sofortige Einstellung der Wiederaufarbeitung und der Plutoniumwirtschaft in Sellafield fordert.

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Stefan Füglister, Atomkampagne Greenpeace 079 222 82 59