Knapp vier Wochen nach der Havarie des Öltankers «Baltic Carrier» in der Ostsee startet Greenpeace heute das Schiff MS «Godenwind» zum Überwachungseinsatz in die Kadetrinne. Das Schiff wird heute von Kiel nach Rostock und anschliessend in das Seegebiet aufbrechen, wo es vier Wochen lang den Schiffsverkehr beobachten und dokumentieren wird. An Bord befinden sich 3 Lotsen, die mit Radar rund um die Uhr den Schiffsverkehr in einer der meist befahrenen und gefährlichsten Wasserstrassen Europas überwachen werden.
Hamburg. Greenpeace wird in den nächsten Wochen in der Kadetrinne das tun, was die zuständigen Behörden der Küstenländer schon längst machen müssten, sagt Dr. Christian Bussau, Schifffahrtexperte bei Greenpeace. «Bis jetzt besitzt der Hafen Rostock noch nicht einmal ein Weitbereichsradar. Die Behörden sind nicht in der Lage, den Seeverkehr auf der Ostsee ausreichend zu überwachen und Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen oder zu vermeiden. Verantwortlich für diesen skandalösen Zustand an der deutschen Küste ist das Bundesverkehrsministerium», so Bussau. Anlässlich der Ölkatastrophe durch die «Baltic Carrier» wirft Greenpeace Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig vor, die Sicherheit der Schifffahrtswege sträflich zu vernachlässigen. Bodewig hätte bis zur Einrichtung eines Weitbereichsradars kurzfristig eine wichtige Sofortmassnahme zum Küstenschutz in Absprache mit Dänemark umsetzen können: ein Feuerschiff vor Ort könnte als Verkehrszentrale, Beobachtungs- und Meldestation dienen und mit Leuchtfeuern und Nebelsignalen den Schiffen Orientierung geben. 55 000 Schiffe passieren die Kadetrinne pro Jahr. Sie befördern rund 200 Millionen Tonnen Fracht, darunter 40 Millionen Tonnen Öl. Die Passage ist besonders gefährlich, weil wegen der unterschiedlichen Wassertiefen die Durchfahrt von Schiffen mit grossem Tiefgang nur auf einer sehr schmalen Fahrrinne möglich ist. Die Tanker erreichen Kapazitäten von über 100.000 Tonnen Tragfähigkeit. Trotzdem gibt es für Schiffe dieser Grösse keine ausreichenden Schlepperkapazitäten. Noch immer fehlt der Ostsee ein Schlepper mit mehr als 110 Tonnen Pfahlzug. In den letzten zehn Jahren gab es allein in der Kadetrinne und der näheren Umgebung 21 Schiffsunglücke. «Verkehrsminister Bodewig ist mitverantwortlich für die jüngste Tanker-Havarie. Die Bundesregierung unternimmt seit Jahren viel zu wenig, um die Schifffahrt in der Region sicherer zu machen und die Küsten zu schützen,» so Bussau. Greenpeace fordert eine Lotsenpflicht für Gefahrgut-Transporte und Schiffe mit mehr als neun Metern Tiefgang und eine Meldepflicht für passierende Schiffe. Ab 1.7.2002 werden dann die Regeln der Internationalen Meeresschutzorganisation IMO dieses Konzept ergänzen. Dann werden Schiffsdatenschreiber (Black Box) und ein System zur Identifizierung von Schiffen eingeführt.