Giftige und schwer abbaubare Chemikalien gelangen bis in die Hochalpen und belasten selbst Fische in abgelegenen Hochgebirgsseen. Dies belegt eine neue Greenpeace-Studie, für die weltweit erstmals Hochgebirgs-Tiere auf neue Dauergifte, so genannte POPs (persistent organic pollutants), untersucht wurden.
Hamburg/Zürich. Greenpeace fand die Dauergifte
in Fischen (Bergsaiblingen) aus dem 2800 Meter hoch gelegenen
Schwarzsee ob Sölden in den österreichischen Ötztaler Alpen, dem
höchsten europäischen See, in dem noch Fische leben. Das Wasser im
See stammt ausschliesslich von den benachbarten Berggipfeln.
Schadstoffe gelangen völlig oder überwiegend über die Atmosphäre in
das Gewässer. Die in den Fischen gemessenen Giftkonzentrationen
betrugen bei einzelnen POPs bis zu 911 Mikrogramm pro Kilogramm
Fettgewebe. Die neuen Dauergifte, wie bromierte Flammschutzmittel,
Phthalat-Weichmacher und Chlorparaffine gefährden zusammen mit
schon verbotenen Dauergiften wie DDT, Toxaphen und PCBs die Tiere
in den Hochgebirgen sowie wichtige Quellgebiete für die
Trinkwasserversorgung.
«Gerade bei Hochgebirgen, die fernab von Städten und
Chemieanlagen liegen, erwarten wir reine und unberührte Natur»,
sagt Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace. «Doch
besonders diese Regionen werden stark mit Dauergiften belastet. Die
Chemie ist ausser Kontrolle, sie verseucht den ganzen Kontinent bis
zu den höchsten Berggipfeln. Im internationalen Jahr der Berge muss
man für die Alpen Giftalarm geben.»
Europäische Chemieunternehmen stellen die neuen Dauergifte her.
Nachdem im letzten Jahr zwölf alte Dauergifte weltweit verboten
wurden, produziert die Chemiebranche inzwischen neue Stoffe, die
ebenso gefährlich sind. Sie werden über den Effekt der «Globalen
Destillation» in die kalten Regionen der Erde transportiert: Die
Giftstoffe verdunsten in wärmeren Regionen, wandern in der
Atmosphäre und frieren über kalten Gebieten aus, wo sie mit Schnee
niedergehen. In den Hochgebirgen steigt dabei die Belastung von
Schnee, Gebirgsseen, Pflanzen und Tieren mit der Höhe und sinkender
Temperatur. Die Dauergifte bauen sich in der Kälte besonders
langsam ab und reichern sich stark in der Nahrungskette an.
Bromierte Flammschutzmittel werden in Elektrogeräten und
Bauprodukten eingesetzt, Phthalate sind Weichmacher in
PVC-Produkten. Chlorparaffine in Dichtungsmassen und
Kabelummantelungen ersetzen die verbotenen PCBs. Diese Chemikalien
gelten als Krebs erregend, hormonell wirksam und schädlich für die
Fortpflanzung. Greenpeace fordert ein internationales Verbot für
neue Dauergifte. Zudem muss die EU im Rahmen des neuen
Chemikalienrechts eine Zulassungspflicht für gefährliche Stoffe
einführen. Zur Zeit muss ein neuer Stoff lediglich angemeldet
werden. Die Schweiz bewirbt sich um den ständigen Sekretariatssitz
der Stockholmer-Konvention, der Basler Konvention und der
PIC-Konvention. Sie ist aufgefordert, die Verbotsliste der
nationalen Gesetzgebung auf alle neuen POPs sowie alle schädlichen
Substanzen zu erweitern.
Kontakt: Manfred Krautter, Greenpeace
Deutschland 0049 / 40 30618 358 Greenpeace Medienabteilung 01 / 447
41 11