Gehörst du zu den unentschlossenen Wähler*innen im Hinblick auf die Volksabstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien? Vielleicht weisst du nicht, was du von den als Neuheit angepriesenen Nachhaltigkeitsbestimmungen halten sollst? Zum Beispiel von der Zollerleichterung für nachhaltig produziertes und rückverfolgbares Palmöl? Dann empfehlen wir dir, hier weiterzulesen, dich über die aktuelle Situation in Indonesien zu informieren und dir ein Bild zu machen, warum die Nachhaltigkeitsbestimmungen leere Versprechungen sind.
Die derzeitige Gesetzeslage in Indonesien lässt schlichtweg keine nachhaltige Palmölproduktion zu. Diese problematische Ausgangslage können weder die im Abkommen Schweiz-Indonesien genannten freiwilligen Standards, noch das Abkommen selber aufwiegen. Heinzpeter Znoj vom Centre for Development and Environment, Universität Bern, bringt es auf den Punkt: «Die jüngste Entwicklung von Indonesiens Palmölwirtschaft geht genau in die entgegengesetzte Richtung der Ziele des Abkommens.»
Viele Stimmbürger*innen haben kaum Kenntnis von den Zuständen in Indonesien. Das ist problematisch. Die Situation in Indonesien hat sich seit der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem südostasiatischen Land verschlechtert. Unter den gegebenen Umständen muss das Abkommen aus Sicht von Greenpeace Schweiz verworfen werden. Wir haben die detaillierten Gründe für unser Nein zum Freihandelsabkommen in unserem Statement vom Januar aufgeführt.
Neues Gesetzespaket schwächt Umweltschutz
Was ist geschehen? Im Oktober 2020 wurde das so genannte Omnibus-Gesetz vom indonesischen Parlament verabschiedet, welches die Deregulierung von Arbeits- und Umweltgesetzen bezweckt. Ziel ist es, mehr Investitionen zu generieren und die Wirtschaft zu stärken. Millionen von Menschen gingen mitten in der Covid-Pandemie auf die Strassen, um gegen die Verabschiedung des weitreichenden Gesetzespakets zu protestieren. Den Protesten der Zivilgesellschaft wurde mit harter Repression entgegnet.
Auch Greenpeace Indonesien war an den Protesten beteiligt, und die Organisation sammelt weiterhin Unterschriften für einen offenen Brief an Präsident Joko Widodo mit der Forderung, das Omnibus-Gesetz rückgängig zu machen.
Das Omnibus-Gesetz verschlechtert die Situation in vielen Bereichen: Es untergräbt Landnutzungs- und Planungsinstrumente, was zu staatlich geförderten Verletzungen von Landrechten und zu fehlendem Zugang zu Gerichten für betroffene Gemeinden, einschliesslich indigener Gemeinschaften, führt. Es behindert den Übergang zu erneuerbaren Energien, indem es Anreize für die Gewinnung fossiler Brennstoffe schafft. Es reduziert den Zugang zu Informationen und die Beteiligung der Zivilgesellschaft an umweltpolitischen Entscheidungen. Es unterhöhlt das Vorsorgeprinzip und umfasst unter anderem die Lockerung von Umweltverträglichkeitsprüfungen oder die Abschaffung der Strafverfolgung für Geschäftsleute, die Verstösse gegen Umweltverordnungen begehen.
Systematische Intransparenz, Korruption, Landkonflikte und Menschenrechtsverletzungen
Gemäss Kiki Taufik, Leiter der indonesischen Waldkampagne bei Greenpeace Indonesien, setzt die indonesische Regierung alles daran, um zu verhindern, dass Palmölabnehmer*innen erfahren, ob «ihre» Palmölproduzenten Regenwald zerstören. Die Verbandelungen zwischen Politik und Palmölindustrie sind vielfältig und gut dokumentiert. Eindrücklich beschreibt dies Dinu Gautier in der WOZ.
2020 flammten in ganz Indonesien Landkonflikte auf. Indigene und ländliche Gemeinden versuchten, Zellstoff-, Palmöl- und Holzfällerunternehmen abzuwehren, die während der COVID-19-Pandemie ihre Expansion vorantreiben. Die Flut von Aktivitäten der Firmen kommt trotz der wirtschaftlichen Verlangsamung, die durch die Reaktion der Regierung auf die Pandemie verursacht wurde, und deutet darauf hin, dass die Unternehmen die Situation ausnutzen, um Anspruch auf umstrittenes Territorium zu erheben, so das Konsortium für Agrarreform (KPA), eine NGO, die sich für ländliche Landrechte einsetzt.
Nein zum Freihandelsabkommen, ja zur Stärkung der indonesischen Bauern und dem Schutz der Regenwälder
Mit dem Handelsabkommen hat die EFTA und Schweiz gar keine andere Wahl, als den Import von billigem Palmöl zuzulassen. Zu den niedrigen Preisen, die Palmöl auf dem Weltmarkt überhaupt erst wettbewerbsfähig gemacht haben, und die einen nachhaltigen Anbau für Kleinbäuerinnen und -bauern nicht möglich machen.
Mit der Nachhaltigkeitsklausel im Handelsabkommen Schweiz-Indonesien wird die Dominanz der Grossplantagen zusätzlich zementiert. Das exportierte «nachhaltig» produzierte Palmöl wird auf riesigen Plantagen produziert, und die vielzitierten Kleinbauern werden aussen vor gelassen, da eine Zertifizierung für sie zu teuer ist.
Ohne Handelsabkommen hingegen könnte die Schweiz Palmöl mit höheren Zöllen belegen und so ein Zeichen setzen, dass sie mit den Praktiken der Palmölwirtschaft nicht einverstanden ist.