Zürich. Greenpeace Schweiz veröffentlicht heute einen Bericht über die Geschäfte der schweizerischen AKW-Betreiber mit der russischen Atomindustrie. Dieser begründet die Vermutung, dass die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK) für ihren Brennstoff kein Uran aus der russischen Atomwaffenabrüstung verwenden. Gestützt auf die Rechercheergebnisse sowie jüngste Medienberichte wiederholt Greenpeace die Forderung an die NOK, die Ökobilanz zum AKW Beznau zu korrigieren.
Seit Jahren beziehen die AKW Beznau (NOK/Axpo) und Gösgen (Alpiq, ehemals Atel) grosse Mengen Kernbrennstoff von der russischen Atom-firma TVEL. Die Undurchsichtigkeit dieser Geschäftsbeziehungen war Anlass für die heute veröffentlichte Greenpeace-Studie «Recycling von Wiederaufarbeitungsuran? Ein Einblick in die Geschäfte der Schweizer Atomindustrie mit russischen Brennstoffproduzenten».
Der Bericht liefert Befunde, die dem von der Atomindustrie propagierten sauberen Kreislauf des Brennstoffs Uran widersprechen. So zeigt die Recherche auf, dass der Löwenanteil des zur Wiederaufbereitung nach Russland geschickten schweizerischen Urans gar nicht in die Schweiz zurückkehrt, sondern im Brennstoff für marode Reaktoren vom Typ Tschernobyl endet.
Ebenfalls auf den Bericht stützt Greenpeace den Vorwurf an die NOK, deren «Umweltdeklaration KKW Beznau» beruhe auf einer Falschdeklaration. Die NOK gibt nämlich an, für ihren Brennstoff werde hoch angereichertes Uran aus Atomwaffenbeständen eingesetzt. Die Recherchen von Greenpeace hingegen zeigen, dass bloss mittel angereichertes Uran aus Schiffsreaktoren verwendet wird. Das hat gemäss Leo Scherer, Atomexperte bei Greenpeace, zwei Konsequenzen: «Zum einen kann die NOK nicht länger Werbung damit machen, dass der Betrieb des AKW Beznau zur Kernwaffenabrüstung in Russland beitrage. Zum andern muss die Umweltdeklaration von Grund auf neu berechnet werden, denn mittel angereichertes Uran wird in Atomanlagen ex-sowjetischer Bauart hergestellt, was die Ökobilanz entsprechend verschlechtert.»
«Recycling von Wiederaufarbeitungsuran? Ein Einblick in die Geschäfte der Schweizer Atomindustrie mit russischen Brennstoffproduzenten»
Der 25-seitige Bericht versucht, die verschlungenen Geschäftsbezie-hungen und die komplizierten Zusammenhänge bei der Herstellung und Wiederverwendung der Kernmaterialien übersichtlich und verständlich darzustellen. Er erklärt, wie Natururan, Wiederaufarbeitungsuran (WAU) und hoch oder mittel angereichertes Uran (HEU bzw. MEU) zusammenhängen. Die Studie zeigt sodann auf, wie stark sich die Zah-lenangaben zu den Stoffflüssen zwischen der Schweiz und Russland je nach Quelle (IAEA, NOK, Bundesamt für Energie) unterscheiden.
Der Bericht ist das Ergebnis einer rund ein Jahr dauernden Untersu-chung mehrerer Rechercheure. Er basiert auf Abklärungen vor Ort so-wie einer minutiösen Sichtung aller zugänglichen Informationsquellen, wie etwa der Publikationen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und direkter Anfragen bei den Schweizer AKW-Betreibern.
Download Bericht «Recycling von Wiederaufarbeitungsuran?»
Kontakt: Leo Scherer, Atomkampagne, 078 720 48 36