Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem heute publizierten Urteil das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI gerügt. Das ENSI verweigerte zwei Anwohnern der Alarmzonen 1 und 2 eine inhaltliche Auseinandersetzung mit einer kritischen Eingabe, welche sicherheitsrelevante Handlungen der Atomaufsicht in Zweifel zog. Das Gericht entschied nun, dass das ENSI den Anwohnern den nötigen Rechtsschutz zu Unrecht verweigerte und die kritischen Punkte überprüfen muss. Die Beschwerdeführer und Greenpeace Schweiz, welches das rechtliche Vorgehen unterstützt hat, sind erfreut über den aussergewöhnlich raschen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts.
Nach der Atomkatastrophe in Fukushima musste die Sicherheit der Schweizer Atomkraftwerke
überprüft werden. Der Nachweis, dass Atomkraftwerke ein Hochwasser oder Erdbeben ohne
schädigende Freisetzung von radioaktiven Stoffen überstehen können, unterliegt
gesetzlichen Vorschriften nach internationalen Sicherheitsprinzipien. Diese Vorschriften
wurden vom ENSI im Fall Mühleberg nicht beachtet, rechnete es doch den Einsatz von
mobilen Feuerwehrpumpen dem Sicherheitsnachweis an. Dank diesem Verstoss konnte das
ENSI dem Berner AKW grünes Licht für den Weiterbetrieb geben.
Nach einem Briefwechsel ersuchten zwei Anwohner der Alarmzonen 1 und 2 das ENSI im
März rechtsverbindlich um Korrektur. Vergeblich – nach mehr als sechs Monaten langem
Hinhalten beschied das ENSI den Anwohnern, es trete nicht auf ihr Gesuch ein und
erklärte sie als nicht legitimiert. Die Anwohner reichten darauf Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht korrigierte nun das ENSI. Nur einen Monat nach Abschluss
des Schriftenwechsels hat es ihre Beschwerde gutgeheissen. Den teilweise weit
hergeholten Konstruktionen, mit denen das ENSI die Nichtbehandlung ihres Gesuchs
begründete, erteilt das Gericht auf der ganzen Linie eine Absage.
“Das Bundesverwaltungsgericht stellt klar, dass die bisherige Legitimationspraxis
der kernenergierechtlichen Bewilligungsverfahren auch für den Rechtschutz der
Anwohner im Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit des ENSI gilt”, stellt Martin
Pestalozzi, Anwalt der Beschwerdeführer, fest. Das ENSI habe sich also zu Unrecht
geweigert, die Kritik an der Anrechnung der mobilen Pumpen für den Sicherheitsnachweis
zu prüfen.
„Angesichts der Tragweite der thematisierten Sicherheitsfragen ist es bedenklich,
dass die dafür zuständige staatliche Aufsichtsbehörde auf eine juristisch fragwürdige
Weise versuchte, sich nicht inhaltlich mit dieser Kritik auseinandersetzen zu müssen“,
sagt Markus Kühni, einer der Kläger. „Wir sind froh, dass das Bundesverwaltungsgericht
jetzt für uns entschied und Anwohnern das Recht gewährt wird, umstrittene sicherheitstechnisch
relevante Handlungen der Aufsichtsbehörde anzufechten“.
Zwar hat das ENSI das Recht, seinen Nichteintretensentscheid bis vor Bundesgericht
zu verteidigen. „Dies wäre ein falsches Zeichen“, sagt Florian Kasser Atomcampaigner
von Greenpeace Schweiz. Primäre Aufgabe sei endlich die längst fällige Antwort auf ein
Sicherheitsproblem zu liefern und nicht weiter auf Verzögerungstaktik zu machen.
«Andernfalls würde das ENSI den Verdacht noch verstärken, dass ihm die sachlichen
Argumente fehlen“, sagt Kasser.
>> Urteil des Bundesverwaltungsgerichts <<
- Markus Kühni, Beschwerdeführer, Telefon 079 294 03 31
- Rainer Burki, Beschwerdeführer, Telefon 079 369 23 21
- Florian Kasser, Atomcampaigner, Greenpeace Schweiz, Telefon 076 345 26 55
- Martin Pestalozzi, Rechtsanwalt, Telefon 055 251 59 53 oder 055 251 59 59
Weitere Informationen werden im Laufe des Tages aufgeschaltet.