Zwischen Selbstverwirklichung, Sinnessuche und sozialen Medien. Irgendwo unter all den Smartphones, Smart-TVs und Smartwatches begraben. Genau da setzt sich Greenpeace-Praktikantin Danielle mit den Hoffnungen, Herausforderungen und Problemen ihrer Generation Y auseinander – und fragt sich in ihren kommenden Kolumnen: Wie zum Teufel soll das grün gehen?
Für einmal fange ich meine Kolumne nicht in der Kindheit an – sondern auf dem Klo. Ja, genau, an dem stillen Örtchen, wo ja eigentlich niemals jemand hingeht. Das Tabu-Thema schlechthin. Warum sich so viele Menschen genieren, wenn es ums Türchen-Schletzen geht, ist mir ein Rätsel. Schliesslich ist es das Natürlichste auf der Welt – wenn halt auch nicht das Delikateste.
So unbeliebt es ist, über dieses Thema zu sprechen, so wichtig ist es den Menschen gleichzeitig, dass der Akt von höchstem Komfort ist. Mein Freund beispielsweise kann geschlagene zehn Minuten vor der Klopapier-Auswahl bei Coop stehen und überlegen, welches Papier zwischen seinen Hinterbacken wohl am wenigsten zu kratzen vermag. Die Auswahl ist ja aber auch riesig: Von ein- bis fünflagig gibt es alles, was das Heimscheisser-Herz begehrt. Mir hingegen ist diese Angelegenheit wortwörtlich scheissegal – wobei sie das nicht sein sollte.
Das erste Mal ging mir beim Thema Klopapier ein Licht auf, als ich vor dem Fernseher sass. Wo auch sonst. Wie jeden Dienstagabend lief auf VOX «Die Höhle der Löwen». Eine Show, in der Einzelunternehmer und Start-Ups ihre Produkte präsentieren dürfen und dann mit fünf Investoren um eine Kapitalanlage für ihre Idee feilschen. Einmal kam da ein junger Herr hinein, der etwas dabei hatte, von dem ich noch nie gehört habe: eine Klo-Dusche – für in die Handtasche. Damit soll man sein Hinterteil nach dem Geschäft ganz einfach abspülen. Holy Shit!
Sich einen Wasserstrahl an sein Ihr-Wisst-Schon-Was zu spritzen, kam mir schon etwas speziell vor. Weswegen ich mich auch nicht weiter mit dem Thema beschäftigt habe – bis vor kurzem. Denn als ich mal wieder auf der Schüssel sass und die letzte WC-Papier-Rolle aus der XXL-Packung nahm, fragte ich mich, ob es denn wirklich sein kann, dass wir schon wieder Frisches einkaufen gehen müssen? Die Packung hat gerade mal zwei Wochen gereicht. Ist das noch normal?
Wie es so auf dem Klo ist, hatte ich mein Smartphone dabei und begann, mich auf Google schlau zu machen. Wobei ich zuerst mal las, dass man zum WC auch Donnerbalken sagen kann. Grossartig, genau mein Humor. Was ich dann aber herausfand, ist so gar nicht grossartig: Laut Kassensturz verbraucht ein Schweizer im Durchschnitt 21 Kilogramm Toilettenpapier im Jahr. Bei einem Gewicht von 90 Gramm pro Rolle kommt man so auf 233 Rollen pro Person, die jährlich das Klo heruntergespült werden. Und um sich das ganze bildlich vorstellen zu können: Eine Papier-Rolle hat eine Höhe von 10 cm, ich bin 163 cm gross. Das heisst pro Jahr verbrauche ich einen Turm an Klopapier, der 14-mal so hoch ist wie ich. Ach du Scheisse.
Natürlich fällt das Klopapier auch nicht einfach vom Himmel – obwohl ich es bisher stets als himmlische Erfindung empfand. Das Gegenteil ist der Fall: Es muss aufwendig produziert werden. Dabei wird eine Unmenge an Wasser, Chemikalien und Elektrizität verbraucht, was ja eigentlich schon schlimm genug ist. Aber es kommt noch schlimmer: Für den weltweiten Klopapier-Konsum werden täglich Bäume gefällt, und zwar 270’000 Stück. Wenn ich mir also zukünftig meinen Allerwertesten mit dreilagigem Supersoft-Papier abwische, höre ich nicht mehr die Englein singen – sondern die Bäume weinen.
Mittlerweile hatten sich auf meinen Oberschenkeln rote Flecken gebildet und als ich mich erhob, klebte der Klo-Ring an mir – ein unbezahlbares Gefühl. Beim Händewaschen war ich nach wie vor am Grübeln, wobei mir die Po-Dusche wieder in den Sinn kam. Das wäre ja schon eine ziemliche Umstellung. Und es würde sich sicher komisch anfühlen. Die Sauerei bei den ersten Versuchen? Vorprogrammiert. Und was würde ich den Besuchern sagen, wenn sie verzweifelt nach Klopapier suchen?
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich habe meine Hände gewaschen – und nicht mit unnötig viel Papier abgeputzt. Wieso machen wir das denn nicht auch mit unserem Hinterteil? Laut Hersteller-Webseite hat das Hand-Bidet HappyPo – kein Scherz, so heisst das Produkt – nämlich so einige Vorteile. Erstens ist es gut für den Po. Darauf muss ich jetzt nicht näher eingehen. Zweitens ist es gut für die Umwelt. Denn durch dessen Gebrauch wird zumindest 50 Prozent weniger Toilettenpapier benötigt. Und drittens ist es gut für das Gewissen. Schliesslich bedeutet der Stuhlgang dann nicht mehr nur eine Erleichterung für einen selbst. Sondern auch für die Umwelt.
Scheiss also auf Klopapier – mein HappyPo ist unterwegs.
Danielle Müller studierte Journalismus und Unternehmenskommunikation in Berlin und schnuppert nun bei Greenpeace rein. Die 27-Jährige Baslerin ist stets im Sattel ihres Rennvelos anzutreffen und sagt nie Nein zu einer guten Umwelt-Doku auf Netflix.
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