Ein britischer Geschäftsmann will in Patagonien ein Luxus-Ferienort bauen. Dadurch ist die Existenz einer Stadt bedroht. Trotz Brandanschlägen und Morddrohungen wehren sich die Bewohner gegen das Projekt. Ein Besuch in El Bolsón zeigt, wie sich Nachbarn wieder näher kommen.
Misstrauisch blickt mich Laura an, verschränkt ihre Arme vor der Brust. Und bevor sie weitererzählt von den Gesprächen mit ihren Nachbarn und dem allmählichen Gewahrwerden, dass es ohne Wasser kein Leben gibt, will sie wissen, wer ich bin, für wen ich schreibe und warum ich ausgerechnet sie als Interviewpartnerin ausgewählt habe. Ich antworte. Doch viel weiter kommen wir an diesem Vormittag nicht. Sie müsse sich zuerst mit ihren Compañeros besprechen: die Entscheidung, einem Journalisten Auskunft zu geben, müsse in der Gruppe gefällt werden.
Ich solle Morgen wieder kommen, dann könne sie mehr sagen.
Wir schreiben die ersten Tage 2017 und in El Bolsón, einer mittelgrossen Stadt im argentinischen Teil von Patagonien, herrscht Anspannung. Seit Wochen sind auffällig viele Polizisten mit auffällig dicken Schutzausrüstungen zu sehen, insbesondere rund ums Gemeindehaus. Das ist ungewöhnlich für den Ort. Denn Bolsón ist seit Ende der 60er Jahre ein Anziehungspunkt für Hippies und andere Aussteiger, die ein Leben in Harmonie mit der Natur suchen, fernab von den Zwängen der Konsumgesellschaft, fernab von staatlicher Kontrolle.
Von den Hippies zum Disneyland
Diese Zeiten sind längst passé. Bolsón gilt zwar nach wie vor als Alternative und die lokale (Land-)Wirtschaft wird nach wie vor gefördert, doch die Globalisierung ist auch hier vorbeigerast. Das zeigt sich beim Spaziergang durch die Feria, wo Silberkettenknüpfer, Ledergürtelmacher und junge Traumfänger aus Grossstädten ihr Handwerk gleich neben menschlichen Transformern und Plastikbäumen verkaufen.Disneyland könnte es nicht besser. Und als ob dies nicht genug der Entzauberung eines eigentlich zauberhaften Ortes in den Voranden wäre, sehen sich die rund 40’000 Bewohnerinnen des Tals seit ein paar Jahren einer konkreten Bedrohung ausgesetzt. Die Rede ist vom Recht auf ein Stück Land und vom Zugang zu Trinkwasser. Davon gibt es in Patagonien mit seinen Feldern, Wäldern, Bergen und Gletschern eigentlich genügend. Doch genau wie die Gegend reich an Ressourcen ist, ist sie auch reich an mafiösen Verflechtungen zwischen lokalen Politikern und globalen Firmen. Da es bei Ressourcen immer auch um geopolitische Interessen geht, wird zur Verteidigung derselben auch Gewalt angewendet. Daher das Misstrauen von Laura.
Das Gespräch mit ihren Compañeros sollte dann aber doch stattfinden. Denn in Bolsón geht es in diesen Monaten (und vielleicht Jahren) nicht nur um Land und Wasser. Es geht darum, wieder Vertrauen in die Wurzeln lokaler Kulturen zu fassen – ähnlich, wie dies anderswo auf der Welt geschieht. Es geht um das Ubuntu von Afrika, das Swadeshi von Indien und das Buen vivir von Lateinamerika.
Laura wird mir ein paar Wochen später ein Wort beibringen, das aus ihrer Sprache stammt und sie die letzten Monate geprägt hat: ekesh. Es bedeutet tief hinschauen.
Der Kolonialherr aus England
Vor vier Jahren, als ein weiteres Mal mehrere tausend Personen durch die Stadt zogen, um für Wasser- und Landzugang zu demonstrieren, stand auf einem Schild: «Dank Lewis begegnen wir uns wieder». Lewis heisst zum Vornamen Joe, kommt aus England, ist mit Argentiniens Präsidenten Mauricio Macri befreundet und lebt im Steuerparadies Bahamas. Von dort aus verwaltet der Finanzstratege seine Firmen, Fussballclubs und Ferienorte. Einer davon liegt am Lago Escondido, rund fünfzig Kilometer nördlich von Bolsón. Dort hatte sich Lewis Ende der 90er Jahre für ein paar tausend Dollar 12´000 Hektaren Land gekauft, inklusive Flüssen, Bergen und eben des Lago Escondido, des versteckten Sees. Vorgesehen war eigentlich auch ein Flughafen, um bequem von Übersee in seiner patagonischen Residenz zu landen. Allerdings sollte dieser auf einem Feuchtgebiet gebaut werden. Dort entspringen einerseits die Quellen, die die Bewohner im Tal mit Trinkwasser versorgen, andererseits deklarierte die Gemeinde die Pampa de Ludden als Naturschutzgebiet. Das Begehren wurde abgelehnt.
Vor sieben Jahren tauchte dann der Vorschlag auf, ein Wohnviertel für Wintertouristen zu bauen – am selben Ort, an dem die Bewohner bereits nein zum Flughafen gesagt hatten. Die Nachbarn trafen sich inzwischen regelmässig in Versammlungen, den sogenannten Asambleas. Sie fürchten, dass beim Bau eines neuen Viertels oberhalb Bolsón die ohnehin fragile Trinkwasserversorgung im Tal komplett zusammenbricht. Nach jahrelangem Hin- und her, juristischen Schachzügen, dubiosen Landkäufen und Firmengründungen sowie leeren Versprechen der Politiker kam es am 16. Dezember 2016 zum Eklat. An einer ausserordentlichen Gemeinderatssitzung wurde der Bau des Viertels gutgeheissen – ohne auf die Befürchtungen der Gegner einzugehen. Diese wollten ebenfalls an der Sitzung teilnehmen. Doch die Polizisten, unterstützt von Gemeindemitarbeitern, drängten ihre eigenen Leute mit Pfefferspray zurück.
Laura erinnert sich, dass man wenige Stunden danach eine erste Asamblea einberief und entschied, das Thema dauerhaft auf die Strasse zu tragen. «Wir haben die Konfrontation stets vermieden», sagt Laura, «aber jetzt fühlen wir uns verpflichtet, physisch Präsenz zu zeigen.» Noch am selben Abend wurden an der meistbefahrenen Kreuzung der Stadt rund dreissig Zelte aufgebaut. Die sogenannt Acampe soll so lange bleiben, bis die Pampa de Ludden wieder in staatlichem Besitz ist.
Gewalt und Gewaltlosigkeit
Die Nachbarn versorgten die Acampe sogleich mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Brennholz. Die Solidarität war von Anfang an gross, das Wohlwollen unübersehbar. Allerdings zeigte sich auch das andere Bolsón, jenes, das an die Versprechen von Fortschritt und Wachstum der politischen Eliten glaubt. Es gab Passanten, die die Zeltstadtbewohner beschimpften, andere fuhren mit dem Motorrad oder dem Auto vorbei und richteten ihre zu Pistolen geformten Finger auf die Acampe. In der vierten Nacht schütteten Unbekannte gar Benzin über die Flagge der asamblea und steckten sie in Flammen. «In uns drohte eine negative Saat aufzugehen», berichtet Nelson, einer der Bewohner. Viele konnten nicht mehr ruhig schlafen, man fürchtete weitere Anschläge.
Nelson ist Lehrer an einer Landschule (escuela rural) in Bolsón und in der Zeltstadt für die Sicherheit zuständig. Der Mann ist Anfang fünfzig, Vater eines erwachsenen Sohnes und gut geerdet. Man habe in der Gruppe über das Geschehene gesprochen, über die Angst, die Wut, die Aggressionen. «Es ist wichtig, uns von den Einschüchterungsversuchen der Institutionen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen», sagt Nelson.
Mit den Institutionen meint er Staat und Firmen, die ihre bezahlten Stosstrupps bereithalten, um Gegner zu bedrohen und zu verunsichern. Nötigenfalls – auch wenn es um Immobiliengeschäfte geht – lässt man sie wie zu Zeiten der Militärdiktatur auch verschwinden. Oder man vertreibt sie wie Mitte Januar rund hundert Kilometer südöstlich von Bolsón. Dort trieb die Polizei mehrere Mapuche-Familien mit Schlagstöcken und Gummischrott von ihrem Grundstück. Hintergrund ist auch hier ein Landkonflikt mit einem Multimillionären aus Europa (hierbei handelt es sich um den Firmengründer des Modeunternehmens Benetton aus Italien). Die vier Acampe-Teilnehmer, die aus Solidarität in das Gebiet fuhren, hatten an diesem Tag einen wachsamen Schutzengel. Die Bleikugeln aus den Pistolen der Polizisten trafen lediglich das Auto.
Nelson spricht oft von Union, davon Negativität in Kreativität zu verwandeln und dass die Acampe die Aufgabe habe, den Frieden zu fördern – egal welchen Aggressionen sie ausgesetzt ist. Woher kommt diese Überzeugung der Gewaltlosigkeit? Wie, frage ich mich, soll man da innerlich ruhig bleiben?
«Ich stamme aus einer sehr gewalttätigen Familie und wurde als Kind oft geschlagen. Jahrelang habe ich mich mit allen gestritten, bis ich realisierte, dass ich nur deshalb Gewalt anziehe, weil ich selber gewalttätig bin. Wenn ich also Frieden möchte, dann muss ich selber innerlich friedlich sein. Erst dann können wir Menschen uns wieder anschauen und vielleicht sogar umarmen.»
Aus seinen Augen kommt ein müdes Lächeln. «Die Gewaltlosigkeit ist der Weg, der uns Menschen heilt. Aber das ist ein jahrelanger Prozess, den jeder selber durchleben muss.»
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Brite in Argentinien Gespräche auslöst, die in ähnlicher Form zu Zeiten Gandhis in Indien stattgefunden haben dürften.
Der Dialog von Herz zu Herz
Die Diskussionen über Gewalt oder Gewaltlosigkeit finden in Bolsón seit Jahren statt. Wie soll man als Nachbar reagieren, wenn in kurzer Zeit zwei regierungskritische Radios im Tal angezündet werden und auch das Gemeinschaftszentrum, in dem sich die Asamblea jeweils versammelte, einem Brandanschlag zum Opfer fällt? Was tun, wenn Leute der Asamblea oder Journalisten per Telefon, Whatsapp oder Facebook Todesdrohungen erhalten? Und an wenn soll man sich wenden, wenn dies alles vom Staat nicht näher untersucht wird?
In den Köpfen einzelner Mitglieder der Asamblea spuckt der Geist der Rache umher. Allerdings werden sie von der Gruppe umgehend zurechtgewiesen. Das zeigt sich auch an der Versammlung nach dem Brandanschlag auf die Acampe, an der rund hundert Nachbarn teilnehmen. Aggressive Votanten werden ausgepfiffen oder es wird ihnen das Wort entzogen.
Überhaupt wird viel darüber geredet, wie man reden soll – sowohl innerhalb der Asamblea als auch mit den Nachbarn, die das Projekt unterstützen. «Auch mit ihnen sollten wir das Gespräch suchen», schlägt ein Mann vor. Schliesslich gehe es um Wasser und das betreffe alle Bewohnerinnen des Tals. «Wenn wir von Herz zu Herz miteinander reden», wirft eine Frau ein, «verschwinden plötzlich die Vorurteile, die wir uns vom anderen gemacht haben.» Ein Mann ergänzt, dass man nicht mit den Werkzeugen jener arbeiten solle, die an der Macht sind. «Wir sollten uns nicht weiter teilen, sondern wieder vereinigen.»
Das scheint in Bolsón auf den ersten Blick gar nicht so einfach. Schliesslich wird die Gegend nicht nur von Bauern und Indigenen bewohnt, sondern auch von Althippies, Yuppies, Arbeitern, Intellektuellen, Handwerkern, Künstlern, Arbeitslosen, Designern, Selbstversorgern und Transsexuelle. In welcher Sprache spricht man also, wenn die Bewohnerinnen eines Ortes aus Megacitys, Städten, Dörfern vom Land oder Ausland kommen, also aus sozial, ökonomisch und kulturell völlig unterschiedlichen Ecken?
Die Acampe sollte sich im Lauf der Wochen zu einem Ort entwickeln, an dem Themen an die Oberfläche quellen, die allgemein bekannt sind, die aus Scham, Angst oder Unsicherheit aber selten öffentlich besprochen werden. Wo auf dem Planeten setzen sich die Menschen schon über die Klassen- und Ethnienfrage hinweg und suchen friedlich nach Gemeinsamkeiten?
Sich nicht auf Trump & Co. einlassen
Delia, eine Frau Mitte vierzig, die vor sieben Jahren aus Buenos Aires nach Bolsón gezogen ist, spürt, dass es keinen Sinn hat, sich wie gewohnt auf die Mächtigen einzuschiessen – nicht auf Lewis und auch nicht auf Macri oder Trump (die ebenfalls miteinander befreundet sind). «Es liegt an uns, Verantwortung für unser Denken und Handeln zu übernehmen und die Krisen auf dem Planeten in etwas Konstruktives zu verwandeln.» Die Zeiten des Motzens, Klagens und Sichempörens seien vorbei. «Es braucht einen inneren Wandel in jedem und jeder von uns.»
Delia sprach in diesem Sinne schon vor längerem einmal in einer Aamblea – und wurde ausgebuht. «Das ist verständlich», sagt sie. Viele wollten nur das Bauprojekt verhindern und sähen nicht, dass es um einen grundsätzlichen Bewusstseinswandel gehe. Sie selber unterscheide nicht zwischen Asamblea und dem höchst umstrittenen Gemeindepräsidenten. «Diese Weltanschauung stellt die Denkstrukturen eines jahrhundert alten Paradigmas in Frage. Deshalb sorgt es für Verunsicherung und Ablehnung.»
In ihrer Stimme schwingt der Geist des Buen Vivir mit, des Sumak Kawsay wie man in Quechua sagt. Es sind die Prinzipien der Indigenen Lateinamerikas, die in enger Beziehung zu Mutter Erde leben, zu Pachamama, und für die – im Gegensatz zu westlichen Gesellschaften – nicht der Mensch und seine Bedürfnisse im Zentrum stehen. In ihrer Kosmovision ist der Mensch Teil eines grossen Ganzen und also mitverantwortlich, Pachamama zu schützen. Buen Vivir dient den Anwälten der Natur als Werkzeug, um ihre Ausbeutung zu verringern.
Als erste Länder Lateinamerikas haben Ecuador (2008) und Bolivien (2009) Buen Vivir in ihre Verfassung aufgenommen und damit Raum für die Haltung von Kulturen geschaffen, die Amerika vor der Ankunft der Europäer bewohnten.
In Bolsón wird Buen Vivir kaum erwähnt. Allerdings ist zu spüren, dass das kollektive Gedächtnis der Indigenen Lateinamerikas auch am Südzipfel des Kontinenten zu wirken beginnt.
«Warum haben wir kein Land?»
Am nächsten Tag treffe ich mich mit Laura und ihren compañeros. Sie kommen gerade vom Flyer verteilen, in wenigen Stunden findet in Bolsón die nächste Demonstration statt. Wir setzen uns in den Schatten eines Baumes und die Gruppe berichtet von den Begegnungen mit den Nachbarn. Sie erzählen von den prekären Lebensumständen ausserhalb der Stadt, wo sich Hunderte eine zentrale Trinkwasserstelle teilen oder das Wasser direkt kaufen müssten. Einige haben hinter ihrem Haus gar ein Loch gegraben und eine Plastikplane ausgebreitet, um Regenwasser für den Garten zu sammeln.
Doch es geht längst nicht mehr nur um die aktuellen Lebensbedingungen. «Es kommen Konflikte ans Licht, die bis weit in vergangene Jahrhunderte zurückreichen», erklärt Marco, einer der Compañeros. Man dürfe nicht vergessen, dass dort wo heute Bolsón stehe, früher Mapuchen und Tehuelchen lebten. Und jene die den Genozid im 19. Jahrhundert überlebt haben, verfügen nicht über die Papiere (etwa für Grundstücke), die von den Eroberern heute verlangt werden. Ohne Papiere keine Rechte – auch in Patagonien. «Wie kann es sein», wiederholt Marco die Frage eines Nachbarn, «dass eine Person vom anderen Ende der Welt hierher kommt, Land zu einem Spottpreis kauft und wir seit Generationen hier leben und darum betteln müssen, Trinkwasser oder ein Stück Erde zu erhalten?»
Laura und die Compañeros besuchen bewusst die ärmeren Quartiere Bolsóns, wo viele Bewohnerinnen für die Gemeinde arbeiten und sich aus Angst vor einer Kündigung nicht trauen, offen ihre Meinung zu sagen. «Umso wichtiger war es für uns zu spüren, dass die Acampe auch hier gut aufgenommen wird», sagt Claudio. Die Ablehnung und die Aggressionen gegen die acampe fänden vor allem auf Facebook oder über Whatsapp statt. «Wenn wir direkt mit den Nachbarn sprechen, entdecken wir plötzlich Gemeinsamkeiten, deren wir uns nicht bewusst waren.»
Bolsón, Bern, Brüttisellen
Als Laura zu sprechen beginnt, verschlägt es ihr nach ein paar Minuten die Stimme. Denn sie spricht nicht nur im Namen ihrer Schülerinnen und Familien, deren Realitäten die Kindergartenlehrerin seit Jahren kennt. Die grossgewachsene Frau mit schwarzen Zöpfen und dunklen Augen spricht im Namen aller Lauras, die über Jahrhunderte unterdrückt, ausgebeutet oder ermordet worden sind. Sie ist als Mapuche (Mensch der Erde) selber daran ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und ihren Vorfahren eine Stimme zu geben. «Wir haben heute die Möglichkeit, uns wieder als Menschen zu begegnen», sagt sie, «egal welcher Herkunft oder Hautfarbe.» Sie wolle jenen Dingen Gewicht geben, die sie mit anderen verbinde.
Laura schaut zu Boden, als ob der folgende Satz dort aufgeschrieben wäre. «Wenn wir nach den Gesprächen in unsere eigene Realität zurückkehren, mit Heizung, Wasser und genügend Essen, dann werden wir uns bewusst, dass der Zugang zu einem Stück Land und die Möglichkeit es zu kultivieren ein Menschenrecht sind und also auch für jene gilt, die frieren und Hunger leiden.»
Es sei wichtig, dass man sich von den Ereignissen auf der Welt und den Begegnungen mit den Menschen weiterhin berühren lasse. «Denn wenn wir unsere eigene Zerbrechlichkeit anerkennen und ihr mit Hoffnung, Glauben und Vertrauen begegnen, dann begreifen wir, dass wir unsere Seelen nur durch Offenheit schützen können.»
Gandhi schrieb einst, dass die Wahrheit hart ist wie ein Diamant und zart wie eine Blüte.
Ein paar Wochen später tippt Laura ekesh in den Computer und ich beginne zu begreifen, dass die Saat von Bolsón genauso gut in Bern, Büren oder Brüttisellen aufgehen könnte.
Die neuesten Ereignisse aus der Region um El Bolsón, Argentinien: Die Auseinandersetzungen um Land und Wasser in El Bolsón und der Provinz Rio Negro gehen mit dem aktuell zur Diskussion stehenden Landgesetz in die nächste Runde.
Die Basis dazu gelegt hat Präsident Mauricio Macri, der im Juli 2016 per Dekret auf nationaler Ebene entschieden hat, das alte Gesetz durch ein neues zu ersetzen. Das neue sieht unter anderem vor, dass der Verkauf von Land an Ausländer – namentlich an multinationale Firmen aus Nordamerika, Europa oder Asien – künftig wieder einfacher ablaufen soll. Ausserdem hat er die unter der Regierung Kirchner eingeführten Steuerabgaben auf Commodities (Rohstoffe) aufgehoben; das Interesse gilt neben dem Agrarsektor inzwischen vor allem Mineralien und Gas (Fracking). Die Asamblea von El Bolsón versucht genauso wie andere Nachbarschafts- und Umweltorganisationen im Land immer mehr, den Beschlüssen der neoliberalen Regierung in Buenos Aires vereint entgegenzutreten – Internet sei Dank.
Die Acampe (Protestcamp) im Zentrum von El Bolsón hat sich nach drei Monaten inzwischen aufgelöst. Dafür kam es in den vergangenen Wochen zu Protestmärschen von Indigenen: Einer führte von der der Stadt La Quiaca (Provinz Jujuy), an der bolivianischen Grenze in die knapp 300 Kilometer entfernte Provinzhauptstadt San Salvador de Jujuy. Grund sind die Lithium-Vorkommnisse in der Region, an denen Firmen aus Japan, China, Südkorea, Australien und Frankreich interessiert sind und deren Ausbeutung die Lebensgrundlage der Kommunen Aimara und Kolla gefährden würde. Der andere Marsch, angeführt von Mapuchen, führt derzeit von Bariloche ins 800 Kilometer entfernte Viedma, wo besagtes Landgesetz auf Provinzebene diskutiert wird.