Der Energiewende-Index der grossen Umweltverbände Pro Natura, WWF, VCS und Greenpeace zeigt: Setzen wir das Klimaschutz-Schneckentempo unverändert fort, wird die Schweiz die Zielmarke von Netto-Null-Emissionen nicht einmal in diesem Jahrhundert erreichen.
Netto-Null in weiter Ferne: Ende August verkündete der Bundesrat das neue Klimaziel der Schweiz – bis 2050 sollen die CO2-Emissionen netto auf Null gesenkt werden. Doch der Energiewende-Index zeigt: Die Klimagas-Emissionen im Inland sinken längst nicht stark genug, um dieses Ziel zu erreichen. Im Jahr, in dem die Klimastreik-Bewegung ihren Anfang nahm (2018), ging der CO2- Ausstoss der Schweiz bloss um ein Prozent zurück.
Nach uns die Sintflut: Wenn es so weitergeht, verursachen Gebäude, Fahrzeuge und Industrie in der Schweiz im Jahr 2050 noch fast 14 Millionen Tonnen energiebedingte CO2-Emissionen. Wenn die anderen Länder den Klimaschutz ähnlich vernachlässigen, werden zunehmendes Artensterben, häufigere Hitzewellen und erschwerte Nahrungsmittelversorgung die Folge sein.
Weckruf an die Politikerinnen und Politiker: Die Politik muss das eigene Klimaziel, die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Forderungen aus der Bevölkerung ernst nehmen. Und eine deutlich wirksamere Klimapolitik im revidierten CO2-Gesetz verankern – unter anderem durch schnell wirksame CO2-Grenzwerte für Gebäude.
Wir stehen an einem Scheideweg: Jetzt haben die Schweizerinnen und Schweizer die Chance, mit der Wahl eines umweltfreundlichen Parlaments die wichtigen Geschäfte zu Gunsten der Energiewende durchzubringen. Das Rating der Umweltverbände (www.umweltrating.ch) zeigt, wie umweltfreundlich die bisherigen Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind, sowie die Wahlversprechen der neuen Kandidierenden. Damit fällt das Wählen leicht.
Zitate
Elmar Grosse-Ruse, Energie- und Klimaexperte beim WWF Schweiz:
«Wir sind mitten in der Klimakrise und alle Indikatoren zeigen, dass die Schweiz weiter dazu beiträgt. Durch die Wahl eines umweltfreundlichen Parlaments können wir die Weichen für wirksame Klimapolitik stellen.»
Georg Klingler, Leiter Klima bei Greenpeace Schweiz:
«Wenn unsere Gletscher ganz dahingeschmolzen sind, wird es das typische Schweizer Landschaftsbild nur noch auf alten Postkarten und in Geschichtsbüchern zu sehen geben. Um das zu verhindern, muss jetzt gehandelt und das Energiewende- und Klimaschutz-Tempo vervierfacht werden.»
Stephanie Pehner, Bereichsleiterin Verkehrspolitik und Kommunikation, VCS Schweiz: «Die aktuelle Totalrevision des CO2-Gesetzes geht zwar in die richtige Richtung. Um die Netto-CO2-Emissionen auf null zu bringen, braucht es aber in allen Bereichen deutlich ehrgeizige Ziele und vor allem auch griffige Massnahmen, um diese zu erreichen.»
Michael Casanova, Projektleiter Gewässerschutz- und Energiepolitik, Pro Natura: «Neben Anstrengungen bei der Effizienz braucht es den rascheren Ausbau erneuerbarer Energien. Gemäss Potenzialstudien könnte die Solarenergie bis zu 80% des heutigen Strombedarfs bereitstellen. Wir brauchen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die endlich in die Solaroffensive gehen, anstatt auf Kosten der Natur die Wasserkraft fördern.»
Kontakt
Elmar Grosse Ruse, Energie- und Klimaexperte beim WWF Schweiz, [email protected], 044 297 23 57
Weitere Informationen
Energiewende-Index: https://www.energiewende-index.ch/
Faktenblatt: https://www.energiewende-index.ch/fileadmin/user_upload/ewx-information-lang-2019.pdf
Der Energiewende-Index (EWX) misst seit 2013 jährlich den Stand der Energiewende auf der Basis öffentlich verfügbarer Daten. Die meisten dieser Daten werden vom Beratungsunternehmen EBP Schweiz AG im Auftrag der Umweltallianz gesammelt und um Störeinflüsse wie die Witterung korrigiert. Die Daten werden jeweils mit einem Zielpfad verglichen, z.B. für die CO2-Emissionen der Energieerzeugung. Das bedeutet: Bleiben die Emissionen stabil, so sinkt der Wert der Zielerreichung im Index, weil die Emissionen gemäss Zielpfad von Jahr zu Jahr sinken müssten. Die Zielpfade sind so definiert, dass die Indikatoren in jedem Jahr 100% Zielerreichung anzeigen sollten und können. Der EWX misst konkrete Daten in den Hauptkategorien Klimaschutz, Atomausstieg, Biodiversität, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Wirtschaft und Soziales sowie Versorgungssicherheit. Gerade im Bereich Klimaschutz sind die Leistungen der Schweiz klar ungenügend.