Polarmeere
Die Arktis und die Antarktis, zwei der grössten Natur-Regionen der Erde, deren Ökosysteme für das Funktionieren unseres Planeten lebenswichtig sind, leiden zunehmend unter den Folgen des immer schneller voranschreitenden Klimawandels, der anhaltenden Industrialisierung und des unkontrollierten Verbrauchs der natürlichen Ressourcen.
Die Polargebiete sind ein Gradmesser für die Gesundheit des Planeten und dienen als Frühwarnsystem dafür, dass wir im Begriff sind, die Fähigkeit der Erde zu untergraben, ein Leben im gewohnten Rahmen aufrecht zu erhalten. Tiefgreifende negative Veränderungen an beiden Polen lassen sich bereits nicht mehr aufhalten, doch wir können den Schaden begrenzen, indem wir den kommerziellen Fischfang-Flotten und der Öl- und Gasindustrie verbindliche Grenzen setzen, welche sie hindern, die bereits schwer geschädigten Polar-Ökosysteme weiter zu plündern und zu verschmutzen.
Nicht hinter geschlossenen Türen
Die Zukunft der Pole ist ein viel zu wichtiges Thema als dass man es einigen wenigen Leuten zur Diskussion hinter geschlossenen Türen überlassen dürfte. Doch genau das geschieht. Am 29. März 2010 kamen fünf Minister aus den fünf arktischen Küstenstaaten in Kanada zusammen. Nicht mit dabei waren wichtige Akteure (Stakeholder) wie der Polarrat der Inuit, Umwelt-NGOs und zahlreiche Länder mit einem klar umrissenen Interesse an der Zukunft der Region.
Indem es nur eine Handvoll Länder einlud, die in erster
Linie daran interessiert sind, die natürlichen Ressourcen unter dem arktischen Meer untereinander aufzuteilen, schafft Gastgeber Kanada eine Art Erdöl-Klub und demonstriert, wie wenig ihm in jeder anderen Hinsicht an dieser fragilen Region gelegen ist.
Kumi Naidoo, der Exekutivdirektor von Greenpeace International, hat allen an diesem Treffen anwesenden Ministern einen offenen Brief geschrieben.
Brief an US-Aussenministerin Hillary Rodham Clinton – PDF
Brief an Kanadas Aussenminister Lawrence Cannon – PDF
Brief an Russlands Aussenminister Sergej Viktorovich Lavrov – PDF
Brief an Norwegens Aussenminister Jonas Gahr Støre – PDF
Brief an Dänemarks Aussenminister Per Stig Møller – PDF
Ernsthafte Bedrohung
Die von Schnee bedeckten Landmassen und die eisigen Gewässer der Arktis und der Antarktis sind für viele Menschen die besten Beispiele letzter intakter Naturgebiete auf diesem Planeten, den wir uns alle teilen. Die Arktis ist seit Jahrtausenden Heimat von indigenen Völkern, während die Antarktis nur für besuchende Wissenschafter eine Art Heimat wurde. Doch beide Polarmeere sind auch Heimat und Lebensraum markanter Tierarten, die sich an extreme Umweltbedingungen angepasst haben wie die Eisbären in der Arktis, die Pinguine in der Antarktis. Die Polarmeere sind auch reichhaltige Futtergründe, die grosse Seevögel-Populationen und Meeressäuger am Leben erhalten, einschliesslich der Mehrheit der grossen Wale der Welt.
Während in der Vergangenheit beide Pole die Aufmerksamkeit jener auf sich gezogen haben, welche die dortige Tierwelt – vor allem Robben und Wale – nur als reiche Beute sahen, die zum sofortigen Profit ausgebeutet werden konnte, sind die beiden Polarregionen im 21. Jahrhundert nun bedroht von industrieller Ausbeutung in bisher unvorstellbarem Ausmass.
Nördliches Polarlicht
Greenpeace hat an beiden Polen Basen eingerichtet, um die Förderung von Öl und Gas in der fragilen Umwelt der Arktis und Antarktis zu stoppen.
Greenpeace/Newman
Die Interessen der Öl-, Gas- und Fischerei-Industrien dehnen sich in diesen Regionen, die früher ausser Reichweite lagen, immer weiter aus. Gleichzeitig stehen die fragilen Ökosysteme unter massivem Druck aufgrund der Auswirkungen des rasch zunehmenden Klimawandels.
Die Pole sind ernsthaft bedroht.
Nur wenn grosse Meeres-Schutzgebiete an beiden Polen als Teil eines globalen Netwerkes von Reservaten eingerichtet werden, können wir die Zukunft dieser Regionen und deren erstaunlich vielfältige Tier- und Pflanzenwelt sicherstellen.
Meeresreservate bieten die beste potentielle Lösung für beide Pole
Die tiefgreifenden physikalischen Veränderungen an den beiden Erdpolen sind ein Weckruf, den wir auf eigene Gefahr hin ignorieren. Wie wir die Polarmeere behandeln, hat Konsequenzen für den Planeten als Ganzes. Die heutige Generation hat eine einzigartige Gelegenheit und Verantwortung, Massnahmen zu ergreifen, um uns vom Rand des unkontrollierbaren Klimawandels wegzusteuern, und einige der verletzlichsten und wichtigsten Ökosysteme der Erde zu schützen.
Es gibt überzeugende wissenschaftliche Beweise, die aufzeigen, dass die Einrichtung von grossen Meeresgebieten, in denen industrielle Aktivitäten wie Fischerei sowie Öl- und Gasförderung verboten wären, dazu beitragen würde, wichtige Arten und Lebensräume zu schützen und wichtige Funktionen von Ökosystemen zu erhalten. Bereits degradierte Regionen könnten sich zudem so erholen. Für die Polarmeere ist dies noch wichtiger, weil sich Arktis und Antarktis rascher erwärmen als der Rest der Welt und sie somit unter noch mehr Stress stehen.
Die Einrichtung von Meeresschutzgebieten in den Polarmeeren wird diese widerstandsfähiger machen gegen Klimawandel und dazu beitragen, dass der Wandel des Klimas nicht noch katastrophaler wird.
Lösungen
Greenpeace ruft die Vereinten Nationen und die Regierungen weltweit dazu auf, sich auf die folgende Vorgehensweise zu verpflichten, um Arktis und Antarktis zu retten:
- Sofortiges Moratorium für industrielle Aktivitäten in jenem Gebiet des Nordpolarmeers, das historisch das ganze Jahr durch von Meereis bedeckt war. Diese «Linie im Eis» entspricht dem durchschnittlichen Minimum der Meereis-Ausdehnung zwischen 1979-2000, dem Zeitraum, bevor aufgrund des Klimawandels ein bedeutender Rückgang der Meereisdecke registriert wurde.
- Langfristige Lösung durch Abschluss eines übergeordneten, dauerhaften und gerechten Vertrags oder multilateren Abkommens, um die Umwelt und Ökosysteme des Nordpolarmeers und der Menschen zu schützen, deren Leben davon abhängt.
- Die Mitgliedstaaten des Antarktis-Vertrags müssen ihrem Engagement nachkommen, den Kontinent «Frieden und Wissenschaft» zu widmen und ihre Verpflichtungen umsetzen, im Südlichen Ozean ein umfassendes, massgebliches Netzwerk von Meeresreservaten einzurichten. Um wirksam zu sein, sollte dieses Netzwerk gross genug ausgelegt sein und mindestens 40% des Südlichen Ozeans abdecken.