Heute liess das Bundesverwaltungsgericht sechs von Greenpeace unterstützte Personen abblitzen, welche ihren Rechtsanspruch auf saubere Luft geltend machen wollten.
Zürich. Cyrill Studer, Klima-Campaigner bei Greenpeace Schweiz: «Trotz jährlich 3’000 bis 4’000 vorzeitigen Todesfällen in der Schweiz aufgrund der Luftverschmutzung entspricht die Logik des Urteils offensichtlich auch derjenigen der herrschenden politischen Meinung. Auf Seite 15 des Urteils ist zu lesen: «Weil die Grenzwerte für Luftschadstoffe regelmässig praktisch flächendeckend im gesamten Siedlungsgebiet der Schweiz und nicht bloss in einzelnen Gebieten überschritten werden, sind die Beschwerdeführenden davon nicht mehr und stärker betroffen als andere Einwohnerinnen und Einwohner.» Mit anderen Worten: Bloss weil allen Unrecht getan wird, kann ich mich als einzelner Betroffener nicht gegen dieses Unrecht wehren.»
Vor zwei Jahren hatten sechs Deutschschweizer von der Eidgenossenschaft verlangt, die nötigen Massnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Feinstaub, Ozon sowie für Stickoxide zu ergreifen. Im vergangenen März wies sie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in einem formlosen Schreiben auf die begrenzten Möglichkeiten auf Grund der tatsächlichen und rechtlichen Situation hin und informierte sie über bereits ergriffene und noch beabsichtigte Massnahmen.
Daraufhin reichten die Betroffenen eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein, die letzte Woche abgewiesen wurde. In seinem Entscheid hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass das BAFU zum Erlass der geforderten Massnahmen nicht zuständig ist. Allerdings hätte es darüber selber entscheiden und eine entsprechende Verfügung erlassen müssen.
Ausserdem können die Beschwerdeführer laut Entscheid nichts zu ihren Gunsten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ableiten. Denn dafür müssten die Betroffenen den Nachweis erbringen, dass sie gesundheitlich beeinträchtigt seien und dies direkt auf die Schadstoffe und fehlende staatliche Massnahmen zurückzuführen sei. Und selbst wenn diese Bedingung erfüllt wäre, müsste gemäss Urteil eine Verletzung der EMRK verneint werden, da diese nur bei schweren staatlichen Vollzugsdefiziten Schutz biete.
Greenpeace wird in den nächsten Tagen mit den Betroffenen das weitere Vorgehen erläutern. Für Studer ist bereits jetzt klar: «Die einseitige Rechtsauslegung insbesondere zugunsten des motorisierten Verkehrs wird so nicht hingenommen. Dem Recht auf gesunde und klimafreundliche Luft muss in Zukunft ein höherer Stellenwert beigemessen werden.» Eine Möglichkeit besteht darin, den aktuellen Entscheid ans Bundesgericht und danach gegebenenfalls an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterzuziehen. Andererseits ist zu überlegen, ob man den vom Bundesverwaltungsgericht angesprochenen Nachweis für einen grösseren individuellen Gesundheitsschaden erbringen und auf dieser Grundlage eine neue Klage einzureichen soll.