Anwohnende des AKW Leibstadt haben gestern (5. Dezember 2024) beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen das Bundesamt für Energie (BFE) wegen Rechtsverweigerung eingereicht. Nach internationalem Recht hätte die Schweiz die Umweltverträglichkeit aus eigenem Antrieb prüfen müssen, bevor das AKW Leibstadt in zehn Tagen den Langzeitbetrieb aufnimmt. Im Februar 2024 hatten Anwohnende ein entsprechendes Gesuch ans UVEK gerichtet. Das UVEK bzw. das BFE sind bisher nicht auf das Gesuch eingetreten.

Das auf 40 Betriebsjahre ausgelegte AKW Leibstadt geht am 15. Dezember 2024 in den Langzeitbetrieb über. Die Schweiz betreibt den ältesten AKW-Park der Welt. Dieser stellt ein unvermeidliches Restrisiko für katastrophale Unfälle mit riesigem Schadenspotenzial dar.

UVEK verletzt Abkommen und missachtet Mitspracherechte der Anwohnenden

Fünfzehn Anwohnerinnen und Anwohner aus der näheren Umgebung des AKW Leibstadt beidseits der Rheingrenze haben bereits am 26. Februar 2024 ein Gesuch für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beim UVEK eingereicht. Als direktbetroffene Anwohnende fordern sie ihr Recht auf demokratische Mitsprache ein, das Bestandteil einer UVP ist. Das UVEK hat das Gesuch bisher nicht geprüft, geschweige denn eine UVP an die Hand genommen. Es schafft damit Fakten, verletzt internationale Abkommen und übergeht die Betroffenen. Weil der Bund nicht zeitgerecht auf das Gesuch eingetreten ist, haben die Anwohnenden beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen das BFE wegen Rechtsverweigerung erhoben.

Bund verhält sich widersprüchlich

Die Weigerung, auf das Gesuch der Anwohnenden einzugehen, steht im Kontrast zur Art, mit welcher Bundesrat Albert Rösti versucht, die Atomkraft in der Schweiz wiederzubeleben. Mit grossem Tempo strengt er demokratische Prozesse an, um das AKW-Neubauverbot zu streichen. Hingegen werden beim Langzeitbetrieb des AKW Leibstadt internationale Abkommen, kritische Stimmen und demokratische Rechte von Betroffenen ignoriert.

Rechtzeitige UVP ist verbindlich

Die Umweltverträglichkeitsprüfung dient dazu, nachteilige und grenzüberschreitende Auswirkungen des AKW-Langzeitbetriebs auf Mensch und Umwelt zu erkennen und mögliche Alternativen aufzuzeigen. Teil einer UVP ist die Konsultation der betroffenen Bevölkerung. Dazu hat sich die Schweiz unter den Aarhus- und ESPOO-Konventionen verpflichtet, worauf sich die Beschwerdeführenden berufen. Da das AKW Leibstadt in wenigen Tagen in den Langzeitbetrieb übergeht, hätte das UVEK also schon längst eine UVP veranlassen müssen.


Weitere Informationen

  • Medienmitteilung vom 28. Februar 2024 zur Einreichung des UVP-Gesuchs
  • Die drei Nichtregierungsorganisationen – die Schweizerische Energie-Stiftung SES, Greenpeace Schweiz und der Trinationale Atomschutzverband TRAS – unterstützen die Beschwerdeführenden im Rechtsverfahren und in der Kommunikation.

Espoo- und Aarhus-Konventionen

Die Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen («Espoo-Konvention»): Am 10. September 1997 ist das Abkommen für die Schweiz in Kraft getreten. Es verpflichtet Mitgliedstaaten Massnahmen zur Verhütung, Reduzierung und Bewältigung von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens zu ergreifen. Zu diesen Vorhaben gehört auch der de facto Übergang in den Langzeitbetrieb. In so einem Fall muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden und haben (potentielle) betroffene Parteien ein Mitspracherecht.
https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/uvp/espoo-konvention.html

Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten («Aarhus- Konvention»): Die Aarhus-Konvention, die für die Schweiz am 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist, beruht auf den drei Pfeilern «Umweltinformation», «Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidungsverfahren» und «Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten». Im Falle bestimmter Tätigkeiten, wozu auch der Langzeitbetrieb von Kernkraftwerken gehört, muss zuerst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Zusätzlich müssen Anwohnende aktiv informiert werden und haben sie ein Mitspracherecht.
https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/recht/fachinformationen/aarhus-konvention.html

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