Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg widmet sich am Mittwoch, 27. September der Klimaklage von sechs portugiesischen Jugendlichen gegen 32 Staaten, darunter die Schweiz. Ende März hatte der EGMR bereits die Klage der Schweizer KlimaSeniorinnen angehört. Ein Grundsatzurteil des Gerichtshofs, ob die Schweiz mit ihrer Klimapolitik die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt, wird 2024 erwartet.

Gemeinsame Medienmitteilung von KlimaSeniorinnen Schweiz und Greenpeace Schweiz

Nach dem Hitzesommer 2020 mit verheerenden Waldbränden in Portugal beschloss die damals 21jährige Claudia Duarte Agostinho, sich mit fünf jüngeren Geschwistern, Cousins und Cousinen gerichtlich für eine lebenswerte Zukunft zu wehren. Im Fokus: Nicht nur Portugal, sondern 31 weitere Staaten des Europarates, darunter die Schweiz. Ihre Argumentation: Die Staaten müssen dazu verpflichtet werden, mehr gegen die Klimaerhitzung zu unternehmen, weil die Bedrohung durch Waldbrände und Hitzewellen ihre Menschenrechte verletzt. Die portugiesischen Jugendlichen sind direkt an den EGMR gelangt, ohne dass ihre Klage zuvor durch die nationalen Gerichte beurteilt worden war. Rechtlichen Beistand erhalten die portugiesischen Jugendlichen von der NGO Global Legal Action Network (Glan).

Die Anhörung vor der grossen Kammer des EGMR im Fall “Duarte Agostinho vs Portugal and Others” (39371/20) findet am 27. September statt und ist nach jenem der KlimaSeniorinnen (53600/20) und “Carême vs. France” (7189/21) die dritte Klimaklage, die in Strassburg angehört wird. Es wird eine Delegation der KlimaSeniorinnen und von Greenpeace Schweiz in Strassburg am EGMR sein, um die Anhörung zu verfolgen. Die Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen Schweiz, Rosmarie Wydler-Wälti dazu: “Die zunehmenden Hitze-Extreme bedrohen Leib und Leben, das ist eine Gemeinsamkeit unserer Fälle. Ich werde in Strassburg sein, um meine Solidarität mit den portugiesischen Jugendlichen zu bekunden.”

Die Schweiz auf der Anklagebank

Die Schweiz wehrt sich dezidiert dagegen, auf gerichtlichem Weg zu einer Klimapolitik gezwungen zu werden, die mit ihrem eigenen Ziel, die Erderwärmung auf 1.5°C zu begrenzen, übereinstimmt. Ihre Argumente legte sie u.a. an der Anhörung zum Fall der KlimaSeniorinnen dar (Video und Transkript der Verhandlung). Im Vorfeld der Anhörung stellte die Grosse Kammer des EGMR den Parteien spezifische Fragen zu den Schweizer Klimazielen, zum noch verbleibenden Klimabudget und zu Klimaschutzmassnahmen. Anstatt (wie vorgesehen) an der öffentlichen Anhörung, zog es die Schweiz vor, die Fragen schriftlich zu beantworten. Georg Klingler, Klimaexperte von Greenpeace Schweiz sagt dazu: “Die Schweiz präsentierte dem Gericht in ihrer letzten Eingabe eine Interpretation von Klimapolitik, die im Ergebnis menschenrechtsverletzend ist und weiter ins Klimachaos führt.”

Das Anwaltsteam der KlimaSeniorinnen erhielt vom Gericht die Gelegenheit, im Nachgang der Verhandlung dazu schriftlich Stellung zu nehmen (vgl. auch Medienmitteilung, Blog).

Dass die Schweiz im Vergleich zu den im Pariser Abkommen eingegangenen Verpflichtungen nach wie vor ungenügende Klimaziele verfolgt, weist u.a. die renommierte Plattform Climate Action Tracker aus.

Weitere Informationen:

Sämtliche Dokumente rund um die Schweizer Klimaklage vor dem EGMR sind auf der Webseite der Klimaseniorinnen zu finden

Kontakte:

Deutsch


Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins KlimaSeniorinnen,
+41 79 567 67 73, [email protected]


Georg Klingler, Projektkoordinator und Klimaexperte Greenpeace Schweiz,
+41 79 785 07 38, [email protected]

Französisch


Anne Mahrer, Co-Présidente des Aînées pour le climat Suisse,
+41 79 249 72 17, [email protected]

Italienisch


Norma Bargetzi, Anziane per la protezione del clima,
+41 79 352 98 89, [email protected]