Das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise erforscht die Antarktis – dort, wo das grösste Schutzgebiet der Welt entstehen soll.
Es klingt wie Science Fiction, und trotzdem ist es wahr: Auf ihrer Expedition in die Antarktis dringt die Besatzung der Arctic Sunrise in Unterwasserwelten vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Dazu braucht es keine Überlichtgeschwindigkeit, sondern bloss ein Unterseeboot. Von ihren ersten Tauchgängen brachten die Meeresbiologen John Hocevar und Susanne J. Lockhart erstaunliche Bilder zurück an die Wasseroberfläche.
Zu Beginn des Jahres fuhr das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise von Chile aus Richtung Südpol, wo es drei Monate bleibt – aus dem deutschen Greenpeace-Büro ist Meeresbiologin Dr. Sandra Schöttner dabei. Die Forscher und Aktivisten wollen selbst erleben, was in der Antarktis auf dem Spiel steht. Dafür gibt es einen aktuellen Grund: Im Oktober dieses Jahres wird die internationale Antarktis-Kommission CCAMLR über das grösste Meeresschutzgebiet der Welt entscheiden. Im Weddellmeer, auf einer Fläche rund fünfmal so gross wie Deutschland, wäre damit industrielle Grossfischerei verboten. Die Expedition der Arctic Sunrise soll den Stimmberechtigten bei ihrer historischen Entscheidung helfen: Die Aufnahmen dokumentieren, welche Artenvielfalt im vermeintlich lebensfeindlichen Eis gedeiht.
Wir haben so viel gesehen
John Hocevar aus dem US-amerikanischen Greenpeace-Büro steuerte das Unterseeboot auf den ersten Tauchgängen. „Ich wusste wirklich nicht, was uns dort erwartet“, sagt der Wissenschaftler und Pilot. Doch falls es Zweifel gab, ob die Wissenschaftler am Meeresgrund überhaupt etwas zu erforschen fänden, zerstreuten sie sich schnell. „Wir haben so viel Leben gesehen: Schwämme, Korallen, Seesterne. Sogar Eisfische!“
„Eine der von uns untersuchten Stellen finde ich besonders spannend“, sagt Dr. Susanne Lockhart, die mit im U-Boot sass. „Sie ist zu hundert Prozent von Organismen bedeckt und hat eine faszinierende dreidimensionale Struktur. Das erlaubt anderen Lebewesen, sich dort ebenfalls anzusiedeln, und ergibt eine sehr interessante Artenzusammensetzung.“ Betörend schön – aber auch sehr empfindlich sei das, fügt die Meeresbiologin hinzu: „Für ein so Ökosystem wäre es sehr schwierig, sich nach einer Störung wieder zu erholen – etwa nach einem Fischzug mit Grundschleppnetzen.“ Davor müsse das Weddellmeer geschützt werden.
Die Erforschung steht noch am Anfang
Das Weddellmeer gilt zwar als besonders artenreich, seine Erforschung steht aber noch am Anfang. Die Bilder der Arctic-Sunrise-Besatzung bestätigen allerdings die Vermutung, dass es hier vor Leben wimmelt. „Unsere Dokumentation zeigt eindrucksvoll, warum wir diese einzigartigen Lebensräume schützen müssen“, sagt Greenpeace-Expertin Sandra Schöttner. „Die Antarktis-Kommission muss das Weddellmeer vor der Fischereiindustrie bewahren.”
Dass diese bislang unberührten Gebiete überhaupt von der Fischerei bedroht sind, liegt an der Erderhitzung. Ihretwegen sind in den Sommermonaten Teile des antarktischen Meeres für Fischtrawler befahrbar, dort, wo noch vor wenigen Jahren eine undurchdringliche Eisdecke war. In der Antarktis wird vor allem nach Krill gefischt: Kleinen garnelenartigen Tieren, die zu Fischfutter und – äusserst verzichtbaren – Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet werden, in der Antarktis aber Grundlage des Lebens sind. Denn Krill ist für das Überleben von Pinguinen, Walen und Robben unerlässlich.
Stars an Bord
Mit den Bildern aus dem Südpolarmeer hat Greenpeace eine starke Argumentationshilfe für ein Schutzgebiet im Wedellmeer geliefert. Prominente Schützenhilfe ist ebenfalls an Bord: Der spanische Filmstar Javier Bardem („James Bond 007 – Skyfall“) wird mit seinem Bruder die Tour in den kommenden Tagen begleiten. Ein weiterer Hollywoodstar hat sich bereits angekündigt. Nachdem David Harbour, der in der erfolgreichen Netflix-Serie „Stranger Things“ spielt, auf Twitter 200.000 Retweets einsammelte für seinen Wunsch, auf der Arctic Sunrise mitzureisen, „um mit Pinguinen zu tanzen“, lud Greenpeace ihn auf das Schiff ein. Der gute Rat von Bord, ebenfalls per Twitter: „Pack Thermo-Unterwäsche ein.“
Mach mit
Du musst nicht prominent sein, um den Plan für ein Meeresschutzgebiet in der Antarktis zu unterstützen. Schreibe der Antarktis-Kommission CCAMLR, dass auch Du den Schutz des Weddellmeers vor der Fischereiindustrie forderst.