Wer kriegt wieviel? Das Ringen beginnt 1982: Die Antarktis-Vertragsstaaten ringen um die Aufteilung des weltweit letzten großen Rohstoffkuchens. In diesem Jahr führen sie erste Verhandlungen über die Ausbeutung der antarktischen Bodenschätze: Vor allem sollen neue Ölvorkommen erschlossen werden, was weitreichende Folgen für die internationale politische Stabilität sowie das ökologische Gleichgewicht der gesamten Biosphäre hätte.
1983: Weltpark Antarktis
Greenpeace erklärt den Schutz der Antarktis zum zentralen Organisations-Anliegen. Das Greenpeace-Konzept des Weltparks Antarktis folgt vier Grundprinzipien:
- Die Ursprünglichkeit der antarktischen Landschaft soll den höchsten Stellenwert erhalten.
- Die Pflanzen und Tiere der Antarktis sowie ihre Umwelt sollen uneingeschränkt geschützt sein (Fisch- und Krillfang kann nur in begrenztem Umfang zugelassen werden).
- Die Antarktis soll eine Region eingeschränkter wissenschaftlicher Forschung sein, in der die Kooperation von Wissenschaftlern aller Nationen gefördert wird.
- Die Antarktis soll eine Friedenszone sein, frei von allen Nuklear- und anderen Waffen sowie frei von militärischen Aktivitäten.
1984: Umweltverbrechen in der Antarktis
Mit spektakulären Aktionen macht die Umweltorganisation auf drohende Schäden im Falle einer Rohstoff-Ausbeutung aufmerksam. Verlauf und Ergebnisse der Vertragsstaaten-Verhandlungen, die wie erwartet hinter verschlossenen Türen stattfinden, werden ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Greenpeace-Mitarbeiter erarbeiten Alternativ-Vorschläge und betreiben weltweit intensive Lobbyarbeit für einen Weltpark Antarktis.
1985/86: Bearing Witness
Im Dezember 1985 starten die Umweltschützer ihre erste Antarktis-Expedition von Sydney, Australien, aus, um bei den Stationen der Antarktis-Vertragsstaaten Umweltinspektionen durchzuführen. Niemals zuvor hat es eine Organisation gewagt, den Antarktis-Vertragsstaaten und ihren Stationen im ewigen Eis auf die Finger zu schauen. Die Greenpeace-Expedition verläuft erfolgreich: Aufgrund des starken Medieninteresses wird die Weltöffentlichkeit auf die Bedrohung der Antarktis durch den geplanten Rohstoff-Abbau aufmerksam.
1987: Erste Greenpeace-Antarktis-Station
Im Januar des Jahres eröffnet Greenpeace die World Park Base in Home Beach, Cape Evans, McMurdo Sound. Aufgabe des ersten Greenpeace-Teams von vier Überwinterern ist es, das Umwelt-Management der beiden umliegenden – von denUSA und Neuseeland betriebenen – Stationen zu überprüfen und die Öffentlichkeit über die Umweltzerstörung vor Ort zu informieren. Außerdem will Greenpeacezeigen, dass kleine Stationen umweltverträglich betrieben werden können und dennoch eine sinnvolle Forschung möglich ist.
1988: Umweltinspektionen
Von Januar bis April 1988 führt Greenpeace bei 22 Stationen und Schutzhütten 13 verschiedener Antarktis-Vertragsstaaten Umwelt-Inspektionen durch. Die Bilder, die daraufhin um die Welt gehen, zeigen Erschreckendes: Abwässer, die direkt und unbehandelt ins Meer fließen; Müll, der unter offenem Himmel verbrannt wird; verlassene Stationen, in denen sich Robben und Pinguine an Glasscherben und rostigem Metall verletzen.
Nach intensiven, sechsjährigen Verhandlungen – konsequent unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit offenkundiger Eile geführt – unterzeichnen die Antarktis-Vertragsstaaten das Rohstoff-Abkommen, genannt Wellington-Abkommen bzw.CRAMRA (Convention of the Regulation of Antarctic Mineral Resource Activities). Damit werden die Institutionen und Genehmigungs-Verfahren geschaffen, die einen Abbau von Rohstoffen jeglicher Art in der Antarktis regulieren.
1989: Gewalt gegen Greenpeace
Bauarbeiter einer Flugzeug-Landebahn für die französische Antarktis-Station Dumont D’Urville, die nun auch von schweren Flugzeugen ganzjährig angeflogen werden soll, greifen Greenpeace-Mitarbeiter an, um zu verhindern, dass Aufnahmen ihrer Tätigkeit, u.a. die Sprengung von Pinguin-Brutplätzen, an die Öffentlichkeit gelangen. Die Bilder der Arbeiter, die mit größter Brutalität gegen die Umweltschützer vorgehen, sorgen für Aufsehen und Empörung, wodurch die Politiker der Antarktis-Vertragsstaaten unter Druck gesetzt werden.
Nun beginnt sich das Blatt zu wenden: Das Europäische Parlament und wenig später auch die UN-Vollversammlung verabschieden eine Resolution gegen den Rohstoff-Abbau in der Antarktis.
1990: Drei gegen Weltpark-Antarktis
Die Antarktis-Vertragsstaaten Australien, Frankreich und Belgien blockieren das Inkrafttreten des Rohstoffabbau-Abkommens. Dennoch setzt sich zunehmend die Meinung durch, dass die Antarktis des umfassenden Schutzes der internationalen Staatengemeinschaft bedarf. Die Verhandlungen für ein Antarktisches Umweltschutz-Protokoll beginnen.
1991: Greenpeace baut eigene Antarktis-Station ab
Ab Januar wird alles Material, inklusive Windrad und Solar-Paneelen, zurück nach Neuseeland transportiert; das vierte Team von Überwinterern verlässt die Antarktis.
Von den 42 stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Antarktis-Vertragsstaaten wird das Umweltschutz-Abkommen zum Antarktis-Vertrag endverhandelt. Nach seinem Entstehungsort Madrid wird das Zusatzabkommen Madrid-Protokoll genannt. Es erklärt die Antarktis zu einem dem Frieden und der Wissenschaft gewidmeten Natur-Reservat. Der Weltpark Antarktis ist in greifbare Nähe gerückt.
Das Protokoll verbietet jeglichen kommerziellen Rohstoff-Abbau für zumindest 50 Jahre, wofür ein spezieller Ausschuss für Umweltschutz eingerichtet wird. Außerdem enthält das Protokoll rechtlich bindende Maßnahmen, um folgendes zu gewährleisten: die Müllbeseitigung, die Vermeidung von Meeresverschmutzung, den Erhalt der heimischen Flora und Fauna, die strenge Durchführung von Umweltverträglichkeits-Prüfungen und ein umfassendes System von Schutzgebieten. Im Protokoll nicht geregelt ist dagegen die finanzielle und rechtliche Haftung von Umweltschädigern sowie ein effizientes Inspektions-System.
1996: Ratifizieren für Weltpark-Antarktis
Damit das Umweltschutz-Protokoll in Kraft treten kann, muß es von den 26 stimmberechtigten Antarktis-Vertragsstaaten ratifiziert werden. Bis Ende 1996 haben dies erst zwanzig getan. Noch nicht ratifiziert haben Japan, Russland, USA, Indien, Finnland und Belgien. Die größten Unsicherheits-Faktoren sind dabei Russland und Japan, wo der Ratifizierungs-Prozess nicht vorangeht. Das bedeutet, dass die Antarktis noch immer gefährdet ist, weil das Abkommen bis dato nicht rechtlich bindend ist.
1997: Endlich von allen ratifiziert
Am 16. Dezember unterzeichnet Japan als letzter Staat. Sechs Jahre hat es gedauert, bis alle 26 Vertragsstaaten das Protokoll ratifiziert hatten. Das Umweltschutzabkommen tritt somit ab 14. Januar 1998 in Kraft. Ein Meilenstein für den globalen Umweltschutz!
2016: Grösstes Meeresschutzgebiet der Erde
Die Staatengemeinschaft hat sich in Australien darauf geeinigt, im ökologisch bedeutsamen antarktischen Rossmeer das grösste Meeresschutzgebiet der Erde zu schaffen, so gross wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien zusammen! Damit verbunden ist ein Fischereiverbot über mindestens 35 Jahre.
2018: Verzicht auf Krillfischerei
Der Branchenverband der Krill-Industrie verpflichtet sich, in grossen Gebieten rund um die antarktische Halbinsel auf Fischerei zu verzichten. Die Fischerei-Unternehmen unterstützen zudem ausdrücklich die Forderung nach einem Schutzgebiet im Weddellmeer sowie nach einem ganzen Netzwerk von Schutzgebieten.